Bildende Kunst und künstlerische Bildung in der Sozialen Arbeit

Soziale Arbeit zwischen Therapie und Pädagogik und die Herausforderung aus wenig viel zu machen

 

Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit

 

(Friedrich Schiller)

 

A Einleitung

Kleine Kinder eignen sich ihre Umwelt durch Wahrnehmen, Experimentieren und (Nach-) Spielen an. Sie sammeln, bauen,

kneten, kritzeln und malen auf ganz natürliche Art und Weise. Sie experimentieren dabei mit allen Sinnen und verwenden jegliche Art der ihnen zur Verfügung stehenden Materialien entsprechend ihres Entwicklungsstands. Sie erforschen die Beschaffenheit und mögliche Funktionsweise. Dabei ahmen sie den Gebrauch von beispielsweise Stiften anhand ihrer Beobachtungen und Erfahrungen nach. Spielerisch und auf unbefangene Weise eignen sie sich so einerseits die Welt an, andererseits drücken sie sich auf kindliche Art und Weise vielfach in bildnerischer Form, sowohl über sich selbst, als auch über ihre Umwelt aus. Wissenslücken und fehlende Fertigkeiten werden mit Hilfe von Fantasie kompensiert. Im bildkünstlerischen Gestalten durchlaufen sie entsprechend ihres Entwicklungsstands verschiedene Phasen. Von der Kritzelzeichnung, über die Assoziationsphase (in der sie anfangen eine Verbindung zwischen dem Gemalten und den Dingen in ihrer Umwelt herzustellen) und die Phase des kindlichen Realismus (in der Kinder ihre Umwelt nach ihren eigenen Vorstellungen und entsprechend ihrer fantasievollen Welterklärungsversuche darstellen), bis hin zur Phase des visuellen Realismus. Im visuellen Realismus – diese Phase ist zwischen dem 8. und 10. Lebensjahr erreicht – versuchen sich Kinder an realistischen Darstellungsweisen. Entspricht ihr Werk nicht ihrer Vorstellung der Wirklichkeit, verlieren sie in dieser Phase zumeist das Interesse am bildkünstlerischen Gestalten (vgl. Krempien 2004, S.20ff.). Kleine Kinder werten zunächst nicht in Kategorien wie: richtig und falsch, gut und schlecht oder schön und hässlich, wenn sie sich bildnerisch ausdrücken. Sie folgen wertfrei ihrer Intuition. Sie schaffen einfach und drücken sich dabei spielerisch auf symbolische und intuitive Weise aus. Nutzen, Kosten und Funktion spielen dabei keine Rolle.

 

Es ist nicht verwunderlich, dass sich viele Künstler, wie unter anderem Picasso oder Paul Klee (die Kinderzeichnungen gesammelt haben), ein Vorbild an diesen intuitiv-kreativen Schaffensprozessen und dem freien Spiel mit Perspektive und Ansichten (z.B. im Kubismus oder Expressionismus) nehmen bzw. genommen haben. Denn dieser kindliche Schaffensprozess birgt ein großes kreatives Potential. Einige Künstler ahmen diesen Vorgang bewusst nach.

 

Die Bundesrepublik Deutschland versteht sich als Kulturstaat. Zwar ist dieses Selbstverständnis nicht wie die Sozialgesetzlichkeit (Art. 20 GG) im Grundgesetz verankert, doch basiert dieses Selbstverständnis auf dem im 19. Jahrhundert von Humboldt geprägten humanistischen, ganzheitlichen Bildungsideal (vgl. Woinikow 2000, S. 159ff.). Entsprechend besteht in Deutschland eine ausgebaute und facettenreiche kulturelle Infrastruktur. Ihre Beschaffenheit ist dabei einzigartig, denn neben den (hoch-) schulischen formellen kulturellen Bildungsangeboten existieren zahlreiche nicht-formelle und informelle Angebote verschiedenster Träger und Vereine (vgl. Keuchel 2013, S.7ff.; Enquete-Kommission 2007, S.377).

 

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Wissen, Fähigkeiten und ökonomischer Nutzen sind von entscheidender Bedeutung. Zentrale Fragen sind: Was ist das? Was kann das? Wie teuer ist das? Was gibt es Vergleichbares auf dem Markt? Kunstwerke an sich erfüllen jedoch, anders als beispielsweise Lebensmittel, keine augenscheinlich überlebenswichtige Funktion. Folglich muss sich Kunst immer wieder neu in Frage stellen, (selbst-) behaupten und neu erfinden. Dieses Wesensmerkmal von Kunst erschwert eine eindeutige Definition von Kunst. Es bestehen sogar Ansichten, dass dies gar nicht möglich ist und der Versuch einer Definition folglich unnötig sei (vgl. Waibl 2009, S.19f.). Damit es im wissenschaftlichen Diskurs nicht zu Unstimmigkeiten kommt, sind eindeutige Begriffsklärungen jedoch gefordert. Dies führt dazu, dass die Soziale Arbeit im theoretischen Diskurs ein Problem mit Kunst als Bezugswissenschaft hat, zumal die Soziale Arbeit selbst unter Druck steht, sich in ihrer Professionalität zu beweisen. Folglich ist sie im Rahmen theoretischer Diskurse bestrebt, mit aussagekräftigen, evaluierbaren Daten zu arbeiten (vgl. Lützenkirchen 2011, S. 16ff.).

 

Im Sinne des im 19. Jahrhundert geprägten neuhumanistischen Bildungsideals wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, dass künstlerische Bildung als Teilbereich der kulturellen Bildung ein wesentlicher Bestandteil der Allgemein- und Persönlichkeitsbildung ist. Bildende Kunst vermittelt nicht nur Wissen und Fähigkeiten, sondern fördert auch kognitive, emotionale und soziale Kompetenzen. Sie fördert und leistet somit nicht nur einen wesentlichen Beitrag im Rahmen der Ganzheitlichen Bildung, sondern trägt auch zu Partizipation und Teilhabe bei. Zwar wird die Bedeutung von Bildender Kunst und künstlerischer Bildung weder von Politik noch von Wissenschaft in Frage gestellt, doch weist die Enquete-Kommission (2007, S.381) auf die weiterhin bestehende „Randständigkeit“ künstlerischer Bildungsangebote hin. Dies zeige sich unter anderem an dem vergleichsweise recht hohen Unterrichtsausfall künstlerischer Fächer im Vergleich zu den diskursiven Lernfächern (ebd.). Kultur und somit auch Bildende Kunst und künstlerische Bildung sind ein öffentliches Gut, das es zu erhalten und zu fördern gilt. Entsprechend sollen alle Bürger – jeden Alters, unabhängig von Finanzkraft und Schichtzugehörigkeit – Zugang zu Kultur und kultureller Bildung haben, doch werden in der außerschulischen Praxis hauptsächlich bildungsnahe und einkommensstarke Bevölkerungsgruppen erreicht. Auch wird die Förderung außerschulischer künstlerischer Bildungsangebote bei knappen kommunalen Mitteln reduziert oder sogar eingestellt, obwohl ein öffentlicher Auftrag zum Erhalt und Ausbau einer kulturellen Infrastruktur besteht.

 

Inwieweit Bildende Kunst im Rahmen der Sozialen Arbeit einen Beitrag zu Persönlichkeitsentwicklung, Partizipation und Teilhabe leisten kann, unter welchen Rahmenbedingungen sie stattfindet, welche Anforderungen damit verbunden sind, soll in dieser Arbeit erörtert werden. Bedeutend für diese Arbeit ist neben dem Verständnis, was Bildende Kunst ist, die Frage, was Bildende Kunst sein kann und welche Möglichkeiten sich daraus für die Soziale Arbeit eröffnen. Diese Frage beschäftigt seit der Antike zahlreiche Philosophen, sodass es eine Vielzahl unterschiedlichster Positionen in den verschiedensten Epochen gibt. Als Teilbereich der Kunst definiert sich auch die Bildende Kunst entsprechend der vorherrschenden und weiter- bzw. neuentwickelten Stilrichtungen ständig um. Aufgrund des ständigen Wandels, verbunden mit der epochenspezifischen Auffassung von Ästhetik und der Funktion von Kunst, wird in der Fachliteratur auf die Schwierigkeiten einer eindeutigen Definition des Begriffs Kunst sowie einer eindeutigen Qualitätszuschreibung verwiesen. Um darzustellen, wie in dieser Arbeit Bildende Kunst verstanden wird, wird unter Punkt 1 zunächst auf die Frage eingegangen, was Bildende Kunst ist und was sie sein kann. Ästhetik ist dabei ein wesentlicher Bestandteil künstlerischen Schaffens. Sie umfasst neben der Kallistik (Lehre vom Schönen) vor allem die sinnliche Wahrnehmung. Dieser Aspekt wird unter Punkt 1.1 behandelt. In Bezug auf die ökonomische Verwertbarkeit von Wissen und Fähigkeiten gilt Kreativität im Sinne von Innovation als Schlüsselkompetenz. Welche Qualitäten Kreativität hingegen im bildkünstlerischen Prozess haben kann und welche Voraussetzungen sich förderlich auf kreatives Schaffen auswirken können, wird unter Punkt 1.2 untersucht. Anschließend wird unter Punkt 1.3 das Aktivierungspotential, welches dem ästhetisch-kreativen Gestaltungsprozess zu Grunde liegt in Hinblick auf die daraus resultierenden Möglichkeiten für die Soziale Arbeit aufgezeigt. Zwar ist Bildende Kunst aufgrund ihres Aufforderungscharakters und artspezifischen Aktivierungspotentials als eigenständige Methode anzusehen, doch finden bildkünstlerische Angebote zumeist in Gruppenarbeit statt. Somit kommt eine weitere Methode der Sozialen Arbeit hinzu. Entsprechend wird die soziale Gruppenarbeit unter Punkt 2 behandelt, um darzustellen wie sich die Arbeit mit Gruppen ausgestalten kann. Da jede Gruppe eine Eigendynamik entwickelt, wird unter Punkt 2.1 der Frage nachgegangen, wie diese Dynamik zu erklären ist mit welchen gruppenspezifischen Phasen zu rechnen ist. Wie damit umgegangen werden kann, welche Anforderungen diesbezüglich und im Speziellen in der künstlerischen Arbeit mit Gruppen an die Gruppenleitung gerichtet werden, wird unter Punkt 2.2 behandelt. Punkt 3 geht der Frage nach, welche Aspekte Bildender Kunst für die Soziale Arbeit von Bedeutung sind und wie sich bildkünstlerisches Arbeiten in der Sozialen Arbeit ausgestalten kann. In welchen Feldern der Sozialen Arbeit kulturelle Bildung anzugliedern ist und was dabei berücksichtigt werden sollte, wird unter Punkt 3.1 erläutert. Welche grundlegenden Gesetze und politischen Rahmenbedingungen, die bildkünstlerische Arbeit mit Gruppen stützt wird unter Punkt 3.2 bearbeitet. Neben gruppenspezifischen Anforderungen, Gesetzen und institutionellen Rahmenbedingungen bildet vor allem auch die Finanzierung die Basis bildkünstlerischer Angebote. Entsprechend setzt sich diese Arbeit unter Punkt 3.3 mit der Frage der Finanzierung künstlerischer Arbeit (insbesondere in Bezug auf die leeren öffentlichen Kassen) und in diesem Zusammenhang mit dem Erreichen aller Bildungsschichten auseinander. Wie und unter welchen Rahmenbedingungen sich künstlerische Bildung ausgestalten kann, wird in Teil II dieser Arbeit dargestellt. Dabei werden sich zwei Praxisbeispiele in Bezug auf institutionelle, wie auch zeitliche Rahmenbedingungen, sowie in Hinblick auf zielguppenspezifische Methoden vergleichend gegenübergestellt.

 

Da ich als Freie Malerin der Kunstsparte Bildende Kunst zuzurechnen bin und die in Teil II der Arbeit aufgeführten Praxisbeispiele im Bereich der Bildenden Künste angesiedelt sind, beziehe ich mich in dieser Arbeit vor allem auf die Bildenden Künste, auch wenn die Theorien zu Kunst für alle künstlerischen Sparten anwendbar sind. Als Künstlerin ist es mir ein Anliegen, Kunst zu schaffen, sie in die Welt hinauszutragen und an ihre gesellschaftsverändernden Utopien zu glauben. Als Sozialarbeiterin möchte ich Kunst verständlich machen und sie für die Menschen in ihrer jeweiligen Lebenswelt und -situation nutzbar machen.

 

I Theoretische Grundlagen

1 Was Bildende Kunst ist und was sie sein kann

Seit dem 19. Jahrhundert werden Architektur, Bildhauerei, Grafik, Malerei und Kunsthandwerk unter dem Begriff Bildende Kunst zusammengefasst (vgl. Das aktuelle wissen.de Lexikon, S.166). Um mich dem Wesen der Bildendenden Kunst zu nähern, beginne ich mit dem Überbegriff: Kunst. Ursprünglich bedeutet Kunst „Wissen“ und „Wissenschaft“. Im weiteren Sprachgebrauch ist die Verwendung des Begriffs Kunst in Hinblick auf angeeignetes, also erlerntes Können bzw. Fähigkeiten sowie Geschicklichkeit erweitert worden. Erst seit dem 18. Jahrhundert benennt der Begriff Kunst den künstlerischen Gestaltungsprozess (vgl. DUDEN 1997, S.395). Bilstein (2012, S.47) sieht diesen sprachgeschichtlichen Entwicklungsprozess in Grimms Wörterbuch dargestellt und formuliert: „In Grimms Wörterbuch von 1873 findet sich dann eine Art Zusammenfassung dieser langen sprachgeschichtlichen Entwicklung: Unterschieden werden vier Bedeutungsfelder von Kunst als Wissen, Kunst als abstraktes Können, Kunst als Fertigkeit und schließlich der 'heutige erhöhte Sinn von Kunst' (Grimm 1873:2666-2684)“. Demnach werden zunächst sowohl alltagsnotwendige, als auch intellektuelle und handwerkliche Fähigkeiten als Kunst bezeichnet, die den Gesamtkreis der Bildung umfassen. Als Beispiel seien hier die Arztkunst und die Handwerkskunst genannt (vgl. Bilstein 2012, S.47). Allein anhand des Begriffs lässt sich Kunst nicht definieren. Vielmehr zeigt die Verwendung im Sprachgebrauch, welche funktionalen Eigenschaften mit Kunst verbunden worden sind und welcher Sinn ihr zugeschrieben worden ist. Zwar basiert Kunst auf dem Begriff: Können, doch lässt sich Kunst nicht allein auf Kunstfertigkeiten beschränken, wie schon anhand von Grimms Wörterbuch deutlich wird. Mit der Frage, was das Wesen von Kunst ausmacht, beschäftigen sich seit der Antike zahlreiche Philosophen. Entsprechend gibt es eine Vielzahl an kunstphilosophischen Theorien, mit denen man sich der Kunst nähern kann. Exemplarisch sind hier vier wesentliche Positionen dargestellt, die sich mit den Erkenntnismöglichkeiten, dem Bildungscharakter und der sozialen Dimension von Kunst auseinandersetzen.

 

Immanuel Kant (1724-1804) - Kunsterleben als freies Spiel der Erkenntniskräfte

Im Zeitalter der Aufklärung erschien Kants philosophische Abhandlung über Ästhetik und Kunst in seiner Schrift „Kritik der Urteilskraft“. Das Denken dieser Epoche ist bestimmt von der Vernunft. Sie gilt als die zentrale Urteilskraft. Entsprechend wird auch das Schöne zunächst nur auf Grundlage kognitiver Erkenntnis und dem Einhalten entsprechender funktionaler Regeln definiert. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts setzt sich dieser vernunftbestimmten Position die Ansicht entgegen, Schönheit ließe sich nicht durch objektiv bestimmbare Regelmäßigkeit, sondern vor allem aufgrund subjektiver Empfindung erklären (vgl. Hauskeller 1998, S.33f.).

 

Schönheit als ästhetische Qualität lässt sich nach Kant weder allein durch die funktionalen Eigenschaften und die damit verbundene Gesetzmäßigkeit von Dingen und Sachverhalten definieren, noch lässt sie sich allein anhand der subjektiv wahrgenommenen Lust an der Schönheit eines Gegenstandes oder Sachverhalts fest machen. Das freie Wohlgefallen am Schönen wird unabhängig von Wissen, Erkenntnis, Sinn und Zweck empfunden. Wahre Schönheit ist an keinen Zweck gebunden und kann somit nicht als schön im Sinne von funktional gut definiert werden. Sie existiert losgelöst von Interessen oder Neigungen und dient somit weder der Bedürfnisbefriedigung noch der Befriedigung von Gelüsten und ist folglich nicht mit dem Vergnügen am Angenehmen gleichzusetzen. Das Wesen der Schönheit im ästhetischen Sinne ist voraussetzungslos und somit autonom (vgl. Waibl 2009, S.128ff.; Hauskeller 1998, S.34ff.).

 

Aufgrund ihrer Voraussetzungslosigkeit entzieht sich Kunst jeglicher logischen Erkenntnismöglichkeit und wird nur auf Grundlage des subjektiven Geschmacksurteils als solche erkannt und bewertet. Entzieht sich ein Ding oder Sachverhalt den rationalen Beurteilungskriterien und somit der logischen Erkenntnis, hat der Mensch die Fähigkeit, auf Grundlage seines Wissens und seiner Erfahrung (Verstand) und mit Hilfe von Fantasie und abstraktem Vorstellungsvermögen (Einbildungskraft) zu verstehen und auf Grundlage seines Empfindens bzw. Geschmacks zu urteilen (vgl. Hauskeller 1998, S.36). Hauskeller (ebd.) merkt an, dass subjektive Geschmacksurteile fehlgehen können und sich zudem nicht beweisen lassen, doch haben sie nach Kant Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Diese Allgemeingültigkeit resultiert aus der Interessenlosigkeit, die dem als schön erachteten Ding oder Sachverhalt entgegengebracht wird. Denn wie bereits dargestellt dient Schönheit nicht der Bedürfnisbefriedigung und ist weder an die Neigungen noch an die Interessen eines Menschen gebunden. Zwar können Schönheitserfahrungen im ästhetischen Sinne auch in der Natur erlebt werden, doch kann Natur nach Kant keine Kunst sein. Kunst kann nach Kant nur von Menschen erlebt und hervorgebracht werden. Kant definiert Kunst als ein voraussetzungsloses Artefakt, welches durch das Genie hervorgebracht wird (vgl. Waibl 2009 S.136ff.; Hauskeller 1998, S.37). Hauskeller (ebd.) weist darauf hin, dass es im Sinne Kants – aufgrund der Voraussetzungslosigkeit von Schönheit und der fehlenden Beweiskraft von Geschmacksurteilen – keine Wissenschaft des Schönen geben kann, durch die die Regeln eines Kunstwerks Kunstschaffenden vorgegeben werden können. Nicht die Ästhetik gibt die Beurteilungskriterien vor, nach denen Kunstschaffende ihre Werke zu gestalten haben. Vielmehr werden die Regeln durch die Genialität Kunstschaffender selbst aufgestellt und lassen sich nur anhand ihres Werkes nachvollziehen, welches sich durch Originalität, Einfallsreichtum und Mustergültigkeit auszeichnet. Dabei bildet die ästhetische Idee, für deren Eingebung auch Kunstschaffende selbst keine Erklärung haben, die Grundlage des künstlerischen Gestaltens (vgl. Hauskeller 1998, S.37f.). Nach Kant hört Kunst auf Kunst zu sein, wenn sie die Grenzen des sittlichen Geschmacks überschreitet, denn das Ekelerregende ist nicht kunstfähig (vgl. Waibl 2009, S.139).

 

Friedrich Schiller (1759-1805) - Kunst vervollständigt den Menschen in seinem humanen Wesen

Der deutsche Dichter und Denker Schiller schrieb 1795 seine „Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen“ in Hinblick auf die Frage, aus welchem Grund die politisch-ethischen Ideale Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit der französische Revolution gescheitert sind. Schiller sieht das Scheitern der Revolution darin begründet, dass der Mensch in der Konkurrenzgesellschaft des Naturstaats, nur auf seinen persönlichen ökonomischen Nutzen fixiert ist, sodass sein sinnliches Potenzial und seine Einbildungskraft zugunsten rationaler Interessen verkümmern. Somit kann er sich nicht frei in seinem vollständigen humanen Wesen entfalten (vgl. Waibl 2009, S.150ff.).

 

Als fühlendes und denkendes Wesen erlebt und begreift der Mensch sich selbst und seine Umwelt sowohl auf sinnlich emotionaler, als auch auf geistig rationaler Ebene. Entsprechend wird das Handeln des Menschen nach Schiller zum Einen durch den sinnlichen Stofftrieb und zum Anderen durch den geistigen Formtrieb bestimmt. Dabei kann weder der Verstand (Formtrieb) dem Gefühl (Stofftrieb) diktieren, was es zu wollen hat, noch umgekehrt. Empfindet der Mensch etwas als schön, lehnt es zugleich jedoch aus rationalen bzw. moralischen Gründen ab oder beurteilt umgekehrt der Verstand etwas als gut, auch wenn es sich nicht entsprechend anfühlt, erlebt der Mensch sich nicht als ganzheitlich autonomes Wesen, da in diesen Fällen zwischen Formtrieb und Stofftrieb kein harmonisch ausgewogenes Verhältnis besteht. Denn vernunftsbestimmte Moralvorstellungen und gefühlsbestimmte Neigungen kommen hier nicht gleichermaßen zur Geltung. Der Mensch erlebt sich als zerrissen. Nur im ausgewogenen Wechselspiel von gestaltendem Formtrieb (Vernunft) und empfangendem Stofftrieb (Gefühl) erlebt sich der Mensch als freies und ganzheitliches Wesen. Hier sind Neigung und Verstand in harmonischem Einklang. Schiller sieht sowohl in der Schönheitserfahrung als auch im Kunsterleben eine Möglichkeit, den Menschen mit seinen bipolaren Triebkräften zu einem ausgeglichenen Ganzen und somit zu einem ästhetischen Menschen werden zu lassen. Da Kunstwerke ein Produkt des freien Spiels von Kognition und sinnlicher Einbildungskraft sind, vereinen sich Sinnlichkeit und Geist in ihnen. Somit führen sie den Menschen symbolhaft vor Augen, was sie sein könnten: eine autonome und harmonische Einheit aus Geist und Sinnlichkeit (vgl. Waibl 2009, S.149 ff.; Hauskeller 1998, S.39ff.). Klepacki und Zirfas (2012, S.73f.) fassen zusammen: „Die Aufhebung der Entzweiung ist nur in der Welt des Scheins und des Spiels möglich, im freien und selbstbestimmten Bereich der Einbildungskraft. Denn das ästhetische Spiel macht den Menschen erst zum humanen Menschen. (…) Der Umgang mit Kunst und Schönheit bzw. die Ästhetische Bildung werden dabei als gesellschafts- und politikverändernde Momente verstanden, die über die Sensibilisierung des Menschen und die Veredlung seines Charakters geschieht. Diese politische Utopie soll im 'ästhetischen' Staat Ausdruck finden, in dem humanistische Ideale gelebt werden.“

 

Arthur C. Danto (*1924) - Kunst als philosophische Interaktion

Der amerikanische Philosoph und Kunstkritiker Danto hat seine kunstphilosophische Position anhand von Andy Warhols „Brillo Boxes“ entwickelt. Die Frage, die seiner Theorie zugrunde liegt ist: Wie lassen sich gewöhnliche Gegenstände des Alltags von Kunstwerken unterscheiden? Denn in der modernen Kunst scheint alles – unabhängig von materieller Beschaffenheit und ästhetischer Qualität - Kunst sein zu können, was in der Kunstwelt präsentiert wird. Einen Gegenstand allein aufgrund bloßer Behauptung zu Kunst zu erklären, reicht ihm Zufolge nicht aus. Danto unterscheidet Alltagsgegenstände von Kunst anhand ihrer philosophischen Dimension. Für Danto ist unwesentlich, um was es sich handelt bzw. was es ist, vielmehr ist entscheidend, worüber es ist. Gewöhnliche Gegenstände können ästhetisch sein, doch machen sie keine Aussage über etwas. Sie erfüllen lediglich eine Funktion. Kunst hingegen verkörpert etwas und birgt eine Aussage über etwas in sich. Insofern ist Kunst auch mit einer bewussten Handlung verbunden und kein zufälliges Produkt. Um ein Kunstwerk von einem Alltagsding unterscheiden zu können, ist entsprechend das Wissen um den Kontext, auf den sich das Werk bezieht, ausschlaggebend. Aufgrund dessen, dass sich ein Kunstwerk der Kunstwelt präsentiert, wird dem Betrachter ermöglicht, in eine (philosophische) Reflexion über den Gegenstand und seinen Bezug zur Gesellschaft zu treten. Insofern bietet Kunst Raum zur Interpretation. Dabei bedarf es jedoch Kenntnisse über den Zusammenhang, in der das Kunstwerk gezeigt wird, wie auch Kenntnisse über den (kunst)geschichtlichen Bezug (vgl. Hauskeller 1998, S.99ff.). „Wäre Rembrandts Nachtwache nicht 1642 sondern 1934 gemalt worden, müßte sie auf andere Weise interpretiert werden und wäre infolgedessen auch ein ganz anderes Werk.“ (Hauskeller 1998, S.102f.)

 

Joseph Beuys (1921-1986) – Kunst als soziale Plastik

Der deutsche Aktionskünstler, Bildhauer und Kunsttheoretiker Beuys erweitert den traditionellen Kunstbegriff. Er weitet den Kunstbegriff mit Aussagen wie: „Der Mensch ist selbst Ästhetik, der Mensch ist selbst das Kunstwerk“ (Beuys zit. in Schiering 2006) auf die gesamte Menschheit, bzw. auf die ganze lebende Wirklichkeit aus, bis hin zur Sozialen Plastik, an der nicht nur der Künstler gestaltet und nicht nur die traditionelle materielle Auffassung von Kunst das gestaltende Element ist. Die Soziale Plastik ist vielmehr ein gesellschaftsverändernder, politischer Prozess, an dem sich jeder beteiligen und sich als Künstler betätigen und begreifen kann. Jeder Mensch kann, als kreatives und denkendes Wesen, durch seine eigene kreative Gestaltkraft, sowie durch seine Kunst das eigene Leben, wie auch die Gesellschaft (mit)gestalten und somit zum Künstler werden (vgl. Meis 2012, S.34; Schiering 2006). Beuys (1979, zit. in Harlan S.27f.) formuliert: „Also, wir leben ja alle noch in einer Kultur, die so sagt: Da sind Künstler und da sind Nichtkünstler. Das wird dann unmenschlich, dadurch gibt es den Begriff der Entfremdung zwischen den Menschen. Nein, jeder Mensch vollzieht permanent materielle Prozesse. Er stellt immerfort Zusammenhänge her. Auch wenn er gibt, wenn er einem anderen Menschen ausweicht oder wie er sich im Gedränge verhält, es gibt immer, sagen wir mal Formprozesse. (..) Ich will davon weg, wie die Gestaltungsfrage auf die Künstler geworfen wird oder auf die Kunst so im traditionellen Sinn. Ich möchte das dahin bringen, daß die Menschen sich selbst erleben, als mit dieser Frage befaßt, kontinuierlich, und daß sie dann, indem sie dauernd diese materiellen Prozesse herstellen, imgrunde auch erleben, daß die soziale Skulptur eine Notwendigkeit ist, und auch erleben, daß es notwendig ist Dinge wahrzunehmen, die man normalerweise nicht wahrnimmt.“ Moderne Kunst gilt vielfach als unverständlich und erreicht aufgrund des fehlenden Zugangs nur wenige Menschen. Dieser Entfremdung wollte Beuys mit seiner Vision der Sozialen Plastik entgegenwirken. Beuys wollte eine Kunstdisziplin ins Leben rufen, „wo sich jeder lebende Mensch prinzipiell beteiligen kann. Der Begriff heißt Soziale Skulptur.“ (Beuys 1974 zit. in Schiering 2006) Dies kann mit den Mitteln traditioneller Kunst (z.B. Malerei und Plastik) geschehen oder entsprechend des erweiterten Kunstbegriffs auf alle Lebensbereiche ausgeweitet werden.

 

Die dargestellten kunstphilosophischen Erörterungen lassen sich an zeitgenössischen Beispielen Bildender Kunst wie folgt verbildlichen. Kants Abgrenzung von Natur als Erhabenes und Kunst als Artefakte lässt sich an Andy Goldworthys Land-Art veranschaulichen. Wie in dem Film 'Rivers and Tides' von Thomas Riedelsheimer aus dem Jahr 2000 dokumentiert ist, benutzt Andy Goldworthy für seine Kunst vor Ort vorgefundene Naturmaterialien, wie beispielsweise Blüten, Blätter, Dornen, Steine, Holz. Die Materialien an sich sind einfach nur Natur. Sie können nach Kant erhaben und schön, doch keine Kunst sein. Zu Kunst wird die Natur erst durch den Künstler. Die Umwandlung von Natur zu Kunst findet in einem künstlerischen Prozess aus Wahrnehmen, Sammeln und Reflektieren statt, bis hin zum Kunstwerk, welches sich in der ästhetische Art der Zusammenstellung bestimmter Naturmaterialien, also der Komposition offenbart. Goldworthys Arbeiten demonstrieren die Schönheit der Natur und zugleich ihre Vergänglichkeit, indem seine Kunstwerke, als Teil der Natur in der Natur, dem natürlichen Veränderungsprozess von Elementen und Witterung unterliegen (vgl. ebd.). Sie sind also auch „eine Aussage über etwas“, im Sinne von Dantos Definition. Die politische und gesellschaftsverändernde Funktion wird bei der Rolle der Künstler im sogenannten „Arabischen Frühling“ deutlich. Auch der türkische Choreograph Erdem Günzün, der als stehender Mann auf dem Taksim-Platz bekannt wurde, wo er seinem Protest gegen die Erdogan-Regierung durch stundenlanges Stillstehen Ausdruck verliehen hat (vgl. süddeutsche.de), ist hier zu nennen. Denn Stehen allein ist keine Kunst. Stehen ist eine natürliche Fähigkeit des Menschen. Stehen kann zur Kunst werden, wenn dieser Stand im Sinne Dantos über etwas ist und im Sinne von Schiller und Beuys gesellschaftsverändernde Dimensionen erreicht. In diesem Zusammenhang ist auch Beuys Ausspruch: „Jeder Mensch ist ein Künstler.“ zu verstehen. Denn an diesen Beispielen findet Beuys` gesellschaftsverändernde und politische Vision von Kunst ihren Ausdruck, an der sich jeder Mensch mit seinen Mitteln beteiligen kann.

 

In Bezug auf die Frage, was Kunst kann, formuliert Meis (2012, S.31) treffend: „Die Künste sind immer eingebunden in Situationen, die sozial geprägt sind und sie dienen stets der Kommunikation. Künste können mitteilungsorientiert, dokumentarisch, belehrend, unterhaltsam oder betroffen machend sein. Kunst kann frei sein, Freiheit bedeuten und sie kann befreien. Sie kann das Unmögliche zulassen. Sie kann eine andere Welt und Wirklichkeit konstruieren, Alternativen aufscheinen lassen und faszinieren – mit Gutem und mit Bösem. Sie kann Perspektivwechsel, Entgrenzung und Grenzüberschreitung initiieren, Ambiguitätstoleranz begünstigen. Sie kann Witz haben, Humor aktivieren, Spaß machen. Sie kann berühren, Sinne und Gefühle ansprechen, Emotionen und Resonanzen wecken. Sie kann zur Auseinandersetzung herausfordern, eine individuelle Stellungnahme verlangen, Gespräche initiieren, provozieren, zu produktiven Konfrontationen mit dem ganz Anderen ermutigen. Kunst kann zu Partizipation und Aktivierung einladen. Kunst kann auch ohne intellektuelle Vorbildung verständlich und bereichernd sein.“ Folglich kann Kunst vielfältige Regungen, Reaktionen und Möglichkeiten eröffnen, muss dies aber nicht bei jedem Menschen gleichermaßen. Kunst wird subjektiv erlebt und nicht nur kognitiv erfasst, sondern vor allem auch sinnlich und emotional wahrgenommen. Entsprechend kann Kunst auch intuitiv verstanden werden.

 

Anhand der sprachgeschichtlichen Entwicklung und den aufgeführten kunstphilosophischen Positionen wird die epochenspezifische Herangehensweise in Bezug auf eine Definition von Kunst (begrifflich, sowie das Wesen betreffend) deutlich. Zudem lässt sich ablesen, dass sich Kunst innerhalb einer Gesellschaft entwickelt, sich selbst hinterfragt, negiert und neudefiniert. Dieser offene, experimentelle, innovative Charakter von Kunst ist auch anhand der unterschiedlichsten Stilrichtungen innerhalb der Kunstgeschichte nachvollziehbar. Neben der sogenannten Elitekunst – Bilstein (2012, S.47) beschreibt sie als eine ästhetische Erfahrungsmöglichkeit, die durch die Leistung hochentwickelter schöpferischer und gestaltender Betätigungen hervorgebracht wird, mit dem Anspruch auf Genialität einhergeht und dabei über die Grenzen sinnlicher Erfahrung und Erkenntnis hinausgeht – besteht eine Kunstszene, die weniger auf hochgeistige, kommerzielle, ökonomische Aspekte von Kunst, sondern vor allem auf die sozialen Aspekte der Kunst ausgerichtet ist. Weltweit setzen sich diese Kunstschaffenden mit ihren kreativen Mitteln für eine Verbesserung der Lebensbedingungen ein, die in der jeweiligen Gesellschaft vorherrschen (vgl. Meis 2012, S.37).

 

Da Bildende Kunst zum einen auf ästhetischen Erfahrungen basiert und zugleich selbst eine ästhetische Erfahrungsmöglichkeit darstellt (vgl. Peez 2005, S.15) und sich zum anderen, nach wissenschaftlicher Auffassung, über Bildende Kunst und ihre ästhetische Qualität nur eine Aussage treffen lässt, wenn zuvor die Begriffe bestimmt sind, ist die Ästhetik eine wesentliche Größe bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Bildende Kunst (vgl. Waibl 2009, S.20). Wie im Folgenden dargestellt umfasst die Ästhetik weit mehr als die weitverbreitete Annahme: Ästhetik sei gleichzusetzen mit der Lehre vom Schönen (Kallistik). Denn die Kallistik bildet nur einen Teilbereich der Ästhetik ab (vgl. ebd., S. 10ff.).

1. 1 Bildende Kunst und Ästhetik

Baumgarten entwarf im 18. Jahrhundert die Philosophie der Ästhetik und entwickelte somit eine Gegenposition zu dem im Zeitalter der Aufklärung vorherrschenden Rationalismus (vgl. Krempien 2004, S 13; Peez 2002, S.1). Im Gegensatz zu den oben dargelegten kunstphilosophischen Überlegungen, die nur einen Teilbereich der Ästhetik abbilden, beschäftigt sich der im Folgenden dargestellte Begriff Ästhetik nicht nur mit dem Wesen von Kunst und der Lehre vom Schönen (Kallistik), sondern mit der gesamten sinnlichen Wahrnehmung (Sehen, Tasten, Hören, Schmecken und dem Gleichgewichtssinn), sowie der daraus resultierenden Selbsterkenntnis und Erkenntnis über die Welt in all ihren Qualitäten (gut/schlecht, schön/hässlich usw.). Dies schließt neben dem Kunsterleben auch Naturerleben und Alltagsphänomene, beispielsweise einen Sonnenuntergang oder einen gedeckter Tisch, mit ein (vgl. Waibl 2009, S.10ff.). Entgegen der Anästhesie, die unser Empfindungsvermögen (Ästhesie) blockiert, will die Ästhetik „die Sinne schärfen und das Empfindungsvermögen kultivieren, um eine gesteigerte, subtilere und reichhaltigere Wahrnehmungsfähigkeit zu erzielen.“ (ebd., S.16) Folglich setzt ästhetische Erfahrung voraus, mit offenen Augen bzw. Sinnen durch die Welt zu gehen und dabei den Fokus ganz gezielt auf die eigenen Empfindungen und Gedanken zu richten. Waibl (2009, S.15) bezeichnet diese ästhetische Einstellung als „ein bestimmtes Weltverhalten, das nicht auf begriffliche Erkenntnis abzielt, sondern auf Verfeinerung und Erweiterung des sinnlichen Erlebens.“ Die geschärfte Wahrnehmung von Dingen oder Sachverhalten in Zusammenhang mit der reflektierten Selbstbeobachtung entspricht nicht dem gewohntem Wahrnehmungsmuster. Durch diesen – aufgrund der sensibilisierten und veränderten Wahrnehmung eingeleiteten – Perspektivwechsel kann ein neuer Blick auf die Welt eröffnet werden (vgl. Meis 2012, S.31).

 

Meis (2012, S.23f.) beschreibt Wahrnehmung als einen (sinnlichen) Prozess, der mit einem „komplizierten Auswahl-, Filter-, Kategorisierungs- und Interpretationsprozess im Gehirn“ einhergeht. Dabei werden frühere Wahrnehmungen mit aktuellen abgeglichen. Zugleich findet ein steter „Rückkopplungskreislauf zwischen äußeren und inneren Vorgängen und Informationen und ihren Interpretationen“ statt. Die Selektionsfähigkeit des Gehirns ermöglicht eine (unbewusste) Ausblendung irrelevanter Sinneseindrücke. Beispielsweise hören wir das Brummen des Kühlschranks nicht mehr oder wir blenden das Ticken einer Uhr aus. Zugleich ermöglicht die Selektionsfähigkeit die (bewusste) Fokussierung auf einen bestimmten Aufmerksamkeitsbereich. Dabei verläuft der komplexe Wahrnehmungs- und Verarbeitungsprozess individuell und situationsspezifisch. Krankheiten, sowie Über- und Unterforderungen können sich beispielsweise negativ auf die Wahrnehmungsfähigkeit auswirken (ebd.).

 

Grundsätzlich lassen sich nach John Dewey (1934/1980, S. 11 zit. in Peez 2005, S.13ff.) ästhetische Erfahrungen bei allen alltäglichen Dingen und Phänomenen machen, die unsere Aufmerksamkeit auf sich lenken und unser Interesse wecken. Ästhetische Erfahrungen können sich sowohl im aktiven Gestaltungsprozess (produktiv), als auch im Sehen, Hören, Riechen, Tasten, Schmecken, also im sinnlichen Erleben eines Phänomens oder einer Sache (rezeptiv) ereignen. Voraussetzung ist, dass sie uns genug faszinieren, um uns emotional zu involvieren. Dies kann sich beispielsweise ebenso durch die empfundene Freude an schönen Schuhen, die uns vielleicht zum Tanzen anregen, als auch im versunkenen Lesen oder Rätseln über ein Kunstwerk ausdrücken (vgl. ebd.). Peez (2005, S.14f.; 2003, S.3f.) fügt hinzu, dass ästhetische Prozesse mit dem Gefühl der Überraschung bzw. Irritation in Bezug auf die unmittelbaren Sinneseindrücke eingeleitet werden. Objekte oder Phänomene erregen die Aufmerksamkeit, da sie uns in unserer bisherigen Wahrnehmung irritieren, sodass wir aus unserem bisherigen kontinuierlichem Erleben herausgerissen werden (Diskontinuität). Das neu wahrgenommene ist anders, als die bisherige Wahrnehmung unseres Alltagserlebens oder die bisherige Vorstellung über die Wirklichkeit (Differenz). Durch diese Diskontinuitäts- und Differenz-Erfahrung wird nach Duncker (1999, S.11 zit. in Peez, ebd.) unser bisheriges Wirklichkeitserleben positiv verändert. Entscheidend ist, dass sich das Objekt oder Phänomen aufgrund „intensivierter Wahrnehmungskonzentration“ von dem bisherigen subjektiv empfundenen Umwelterleben in besonderer Form abhebt. Wesentlich ist nur das erlebte „Wahrnehmungsphänomen“ selbst. Weder die Begrifflichkeit (um was es sich handelt), noch der praktische Nutzen sind dabei von Interesse (vgl. Waibl 2009, S.16). Waibl (ebd.) fügt an, dass dieses „interessenlose Wohlgefallen (Kant)“ ein sinnlich-geistiges Lustempfinden hervorruft. Hiermit wären wir wieder bei der Zweck- und der Voraussetzungslosigkeit, mit denen nach Kant Kunsterleben und künstlerisches Schaffen einhergehen, angekommen – denn Kunsterleben und Kunstschaffen begründet sich um seiner selbst Willen, aus der reinen Freude an Kunst, und ist folglich intrinsisch motiviert (vgl. Schaare 1998, S.222; s.u. flow). Entsprechend kann man nach Dewey (1934/1980, S.11 zit. in Peez 2005, S.14) nicht von Nutzlosigkeit in Zusammenhang mit ästhetischen Erfahrungen sprechen. Zwar sind ästhetische Erfahrungen weder planbar, noch vorher bestimmbar, doch menschliches Wahrnehmungsverhalten ist „immer interessengeleitet“ (ebd.). Dementsprechend ist die intrinsische Motivation zu ästhetischen Erfahrungen nach Wulf (1997, S.1125 zit. in Peez 2005, S.14) „im Interesse an unserer Interesselosigkeit“ begründet, welches sich im Wechselspiel von Subjekt und Objekt, also im subjektiv empfundenen Wahrnehmen und Erleben der Welt – mit anderen Worten: im freien Spiel der Erkenntniskräfte (Kant/Schiller) entwickeln kann.

 

Ästhetische Erfahrungen werden individuell unterschiedlich erlebt. Sie regen u.a. unsere Fantasie an oder laden zu Assoziationen ein und bringen somit einen kreativen Prozess in Gang, der uns dazu bewegt, uns über das Erlebte auszudrücken und selbst aktiv zu werden. Dies kann in Form eines ästhetischen Produkts (z.B. in einem gemalten Bild) geschehen. Zudem können wir uns über unsere ästhetische Erfahrung in Hinblick darauf, was wir erlebt haben, wie wir dabei empfunden haben und was unsere Aufmerksamkeit erregt hat, kommunikativ (zumeist in Bildsprache) austauschen (vgl. Peez 2005, S.14f.). Borg (2012, S.4f.) weist darauf hin, dass vielen Menschen die Artikulation über die ästhetische Erfahrung schwer fällt, da ihnen oft die entsprechenden Worte für das Erlebte fehlen. Wird das Erfahrene nicht reflektiert, da man sich nicht mit dem eigenen inneren Erleben auseinandersetzt, kann folglich auch nicht darüber kommuniziert werden. In diesem Fall ist die ästhetische Erfahrungen nur vorbewusst. Denn nur in der Selbstreflexion und der Auseinandersetzung mit dem Objekt und der Welt kann sich die ästhetische Wirkung entfalten und das Bedürfnis wecken, sich über die Empfindungen auszudrücken. Borg (ebd., S.5f.) formuliert: „Fängt man an, diese Ästhetische Empfindung auf die eigenen Erfahrungen zu beziehen, sich in ein Selbstgespräch zu verwickeln, die Empfindungen zu artikulieren, dann spricht man nach Dietrich u.a. von ästhetischer Wirkung.“ Diese Wirkung weckt vielfach das Bedürfnis, bis hin zum Drang, sich über das Erlebte auszudrücken und somit produktiv zu werden (vgl. ebd). Folglich ist nicht jede sinnliche Erfahrung als ästhetische Erfahrung zu bezeichnen, da ästhetische Erfahrungen immer in einem Auseinandersetzungsprozess zwischen innerer Wahrnehmung (Subjektbezug) und äußerer Wahrnehmung (Objektbezug) stattfinden. Otto (1994, S.56 zit. in Peez 2005, S.15) betont: „Ästhetische Erfahrung bezieht sich nicht auf Kunsterfahrung, sondern ist ein Modus, Welt und sich selbst im Verhältnis zur Welt und zur Weltsicht anderer zu erfahren.“

 

Um das bisher Geschriebene zu verdeutlichen, ein Beispiel aus dem Leben: Ich stehe im Garten meiner Schwester. Meine Aufmerksamkeit wird auf eine Tonente gelenkt. Die ansonsten aufrecht stehende Ente steckte mit ihrem Schnabel in der Erde. Die Haltung der Ente erscheint mir folglich als falsch (Überraschung/Irritation). Irritiert denke ich: „Die ist bestimmt im Sturm der letzten Nacht umgekippt.“ Indem ich dieses Selbstgespräch halte, bin ich mir meiner Gedanken und Empfindungen bewusst. Meine Aufmerksamkeit geht über die einfache sinnliche Wahrnehmung (Aisthesis) hinaus und ich befinde mich nach Roszak (2004, S.38 zit. in Borg 2012, S.9) im Zustand der Selbstaufmerksamkeit. Meine ästhetische Empfindung drängt mich, die Ente aufzurichten, da ich ihre Haltung als falsch und störend empfinde. Ich gehe zur Ente hin, um sie aufzurichten. In dem Moment, indem ich die Ente aufrichten will, halte ich aus unbestimmten Gründen inne und betrachte sie genauer. Dies entspricht dem Unbestimmtheitscharakter (vgl. Borg 2012, S.10), der ästhetischen Erfahrungen zugrunde liegt. Ich finde die Ente in ihrer jetzigen Haltung plötzlich aus unbestimmten Gründen interessant, ohne zunächst sagen zu können warum. Ich denke: „Die Ente frisst, sie ist gar nicht umgekippt, vielleicht hat meine kleine Nichte sie extra so positioniert, damit sie fressen kann.“ Meine Fantasie ist ins Spiel gekommen und ich bin in das freie Spiel der Erkenntniskräfte eingetreten. Nach Dietrich (2012; 2010, S.2 zit. in Borg 2012, S.9) ist eine ästhetische Wirkung eingetreten, denn aus meinem ursprünglichen Impuls ist ein Spiel mit möglichen und neuen Bedeutungsinhalten geworden. Ich bin so erfreut, über die Vorstellung einer fressenden Ente, dass ich sie in ihrer Haltung verharren lasse, denn sie steht für mich nun genau richtig so. Dies spiegelt den Vollkommenheitscharakter (vgl. Borg 2012, S.10f.) meiner ästhetischer Erfahrungen wieder. Wie ich später erfahre, ist die Ente im Grunde nur zufällig umgekippt, insofern erfüllt ihre jetzige Haltung weder einen Zweck noch entspricht es irgendeinem Sinn, sie umgekippt zu lassen. Doch die Ente ist in ihrer neuen Haltung für mich zu etwas Besonderem geworden – allein um meiner ästhetischen Erfahrung selbst willen. Meine Antwort auf mein ästhetisches Erlebnis, drückt sich darin aus, sie in diesem Zustand zu lassen. Der erste Eindruck hat einen neuen Ausdruckscharakter gewonnen (vgl. Borg 2012, S.9). Zudem bin ich durch dieses Erlebnis so inspiriert, dass ich es in diese Arbeit einbaue. Indem ich der Haltung der Ente im Selbstgespräch eine neue Bedeutung gebe und mich darüber artikulieren kann, spricht man nach Dietrich (zit. in Borg 2012, S.6) von der geronnenen Wirkung. In dieser Situation ist meine ästhetische Erfahrung nicht mehr vorbewusst (vgl. Borg 2012, S.4), sondern ich empfinde, erlebe und verhalte mich nach Meis (2012, S.24) bewusst im Hier und Jetzt.

 

Im Gegensatz zu Alltagsphänomenen und Naturerfahrungen, hierbei sind ästhetische Erfahrungen ein eher zufälliger Nebeneffekt, wird das ästhetische Erleben beim Betrachten und Schaffen von Kunst bewusst herbeigeführt (vgl. Meis 2012, S.27). Das bewusste künstlerische Schaffen, bei dem man sich bewusst mit einem Thema auseinandersetzt, sich bewusst für ein bestimmtes Material entscheidet und bewusst ein bildnerisches Ausdrucksmittel wählt, unterscheidet sich von der vorbewussten künstlerischen Vorgehensweise von Kindern oder auch Schwerbehinderten. Im ersten Fall steht vielfach das Kunstwerk, also das Erreichen des Endergebnisses mit bestimmten künstlerischen Mitteln, im Vordergrund des Schaffensprozesses. Im Gegensatz dazu ist im zweiten Fall der künstlerisch-ästhetische Prozess zumeist selbst das Ziel. Meis (2012, S.27) formuliert hierzu: „Wenn die ästhetische Handlung dem spontanen Ausdruck von Gefühlen, dem Experiment und Spiel oder der Forschung dient, was häufig bei kleinen Kindern und teilweise auch bei schwerbehinderten Menschen der Fall ist, muss es keine gestalterische (z.B. formgebende, strukturierende) Absicht, keine symbolische Aussage geben. In diesen Fällen dominiert der ästhetische Aspekt. Der ästhetische Umgang mit Materialien dient dann beispielsweise der Bewältigung von Emotionen oder der Erkundung von Materialien und Wirkungen und muss nicht notwendigerweise zu einer Gestaltung im engeren Sinne führen.“ (Meis 2012, S.27) Zwar arbeiten viele Künstler, wie beispielsweise Pollok prozessorientiert und experimentieren mit Materialien oder arbeiten mit dem Zufall, doch reflektieren sie dabei immer über sich und das entstehende Werk, indem sie im Kontakt mit den eigenen Empfindungen und in Hinblick auf ihre bisherigen Erfahrungen und ihr Wissen ihr Werk beurteilen und nach neuen ästhetischen Erfahrungsmöglichkeiten und möglichen Lösungswegen suchen.

 

Diesen Darlegungen folgend kann davon ausgegangen werden, dass beispielsweise dem Kubismus eine ästhetische Erfahrung zu Grunde gelegen hat. Die Faszination an der dreidimensionalen Wirklichkeit in Verbindung mit dem gleichzeitigen Wissen um die Zweidimensionalität der Leinwände kann beispielsweise der Ausgangspunkt gewesen sein. Nach Peez (2003, S.3) wäre dies das ausschlaggebende Überraschungsmoment. Auf Grundlage dieser Erfahrungen und dem Wissen um den Umgang mit Perspektive, bei gleichzeitigem Wissen um die freie Darstellungsweise in Kinderzeichnungen, die sich unter anderem durch die Gleichzeitigkeit mehrerer verschiedener Ansichten in einem Bild auszeichnet, oder auch die Darstellungsweise in der altägyptischen Malerei, in der es auch keine perspektivische Darstellung gab und Profil-, sowie Frontalansicht miteinander kombiniert wurden, kann die Experimentierfreude geweckt haben. Als ausschlaggebend gilt jedoch Cézannes Feststellung, dass sich in der Kunst alles aus geometrischen Figuren zusammensetzt (vgl. Ketterer Kunst 2013). Die Frage, wie man mit künstlerischen Mitteln der dreidimensionalen Wirklichkeit auf zweidimensionaler Ebene gerecht werden kann, bildet das Thema. Dieser themenbezogene Forscherdrang, motiviert durch die Lust am Entdecken, wird nach Peez (2003, S.3f.) als das Strukturelement Genuss bezeichnet. Die unterschiedlichen Herangehensweisen und individuellen Ergebnisse sind u.a. in den Werken von Braque oder Picasso zu sehen. Die Werke sind nach Peez (2003, S.4) der ästhetische Ausdruck bzw. der Ausdruck im kulturellen Zusammenhang.

 

Sich und die Welt mit allen Sinnen wahrzunehmen und im ästhetischen Spiel der Erkenntniskräfte (wie von Kant und Schiller postuliert) zueinander in Beziehung zu setzen, ist sowohl eine wichtige Voraussetzung zum Verständnis Bildender Kunst, als auch für den kreativen Gestaltungsprozess selbst. Denn ohne eine ästhetische Erfahrung ist ein solcher nicht möglich (vgl. Dewey 1934/1980, S.10ff. zit. in Peez 2003, S.4).

 

1. 2 Bildende Kunst als kreativer Gestaltungsprozess

Der Begriff Kreativität bezeichnet nach allgemeinem Verständnis das Schöpferische bzw. die kreative Schöpferkraft (vgl. Duden 1986, S.406). Das Wort Kreativität basiert auf dem lateinischen Verb creare, welches mit: erschaffen, verursachen und hervorbringen übersetzt wird. Zudem ist Kreativität auch in Zusammenhang mit den lateinischen Verben procreare und recreare zu sehen. Während recreare sich auf die Erneuerung im Sinne einer Wiederherstellung bezieht, deutet procreare auf die Neuschaffung im Sinne von Originalität hin (vgl. Meis 2012, S.44). Kreativität ist ein komplexer Prozess, in dem neue bzw. andere (Problem-) Lösungen gesucht und innovative Möglichkeiten entwickelt werden. Dabei werden vielfach vorherrschende Erkenntnisse und Normvorstellungen über Bord geworfen (vgl. Ullmann 2012, S.162f.). Ullmann (ebd., S.162) formuliert: „Alle KreativitätsforscherInnen sind sich einig: Um etwas zu erfinden oder zu entdecken muss man anders, abweichend denken, neue Wege gehen, nicht logisch denken.“ Ohne dabei unlogisch zu sein (vgl. ebd.).

 

Nach Erkenntnissen der psychologischen Kreativitätsforschung durchlaufen kreative Gestaltungsprozesse vier Phasen. Diese gliedern sich nach Henri Poincaré (1913) in 1. die Vorbereitungs-, 2. die Inkubations-, 3. die Erleuchtungs- und 4. die Verifikationsphase auf. Um kreativ tätig werden zu können, muss zunächst das Thema festgelegt werden. Folglich muss ein Problem bzw. eine Fragestellung formuliert werden. Zugleich wird in dieser Vorbereitungsphase überprüft, ob und wie das Problem, auf Grundlage bisheriger Erfahrungen und Wissen, gelöst werden kann. Daraufhin folgt in der Inkubationsphase eine intensive Beschäftigung mit dem Thema. Diese Phase geht vielfach mit Krisen einher, in denen das Problem unlösbar erscheint. Sie wird aber auch von Glücksgefühlen, dem sogenannten flow begleitet (vgl. Ullmann 2012, S.161f.). Dieser Begriff wurde von dem Psychologen Mihaly Csikszentmihalyi geprägt und bezeichnet die völlige Selbstversunkenheit in eine Tätigkeit, bei der man – im Einklang mit sich selbst – ein erhebendes Glücksgefühl erlebt. Dieses Glückserleben kann so intensiv sein, dass Zeit und Raum vergessen werden können (vgl. Meis 2012, S.46; Schaare 1998, S.222). Das Flow-Erleben fungiert als eine Art Belohnungssystem, durch welches wir Menschen dazu motiviert werden, bestimmte Dinge, wie beispielsweise künstlerisches Schaffen, um ihrer selbst willen zu tun und nicht in Abhängigkeit von Nutzen und Zielsetzung (vgl. Schaare 1998, S.222). Der flow setzt ein, wenn uns ästhetische Erfahrungen (s.o.) so sehr fesseln, dass wir die Welt um uns herum vergessen (vgl. Meis 2012, S.46). In der dritten Phase setzt die Erleuchtung ein. Das Problem wird lösbar. Auch hier vielfach begleitet von einem Hochgefühl. Schließlich wird die gefundene Lösung in der vierten Phase auf Brauchbarkeit überprüft und gegebenenfalls ausgearbeitet und verfeinert (vgl. Ullmann 2012, S.161f.).

 

Bei diesem idealtypischen Phasenmodell geht nach Meis (2012, S.44f.) einem kreativen Schaffensprozess eine Idee oder Aufgabe voraus. Daraufhin setzt ein themenbezogener Sammelprozess ein. Im Sammelprozess setzt man sich mit weiteren Ideen und Möglichkeiten auseinander und versucht sich in ersten Lösungsansätzen. In der Inkubationsphase kommt es vielfach zu Krisen. Man kommt nicht weiter. Man dreht sich im Kreis oder hält sich an Details fest. In dieser Phase ist es wichtig, Abstand zu nehmen. Das Thema sollte zunächst beiseite gelegt werden, beispielsweise indem man in dieser Phase spazierengeht oder sich mit Freunden trifft. Krisen gilt es auszuhalten, ohne sich in Kleinigkeiten oder bisherigen Ideen zu verbeißen. Statt dessen ist es besser, aus der Situation hinauszutreten, um neuen Ideen oder Betrachtungsweisen Raum geben zu können, bis schließlich eine mögliche Lösung gefunden wird, die letztendlich umgesetzt werden kann. Abschließend wird das Ergebnis begutachtet und reflektiert. Es wird auf Stimmigkeit und Gültigkeit überprüft, um daraufhin Feinarbeiten oder Änderungen vornehmen zu können. Meis (2012, S.50) weist darauf hin, dass die Phasen nicht immer gleich und in der dargestellten Reihenfolge ablaufen bzw. ablaufen müssen. Sie formuliert (ebd.): „Phasen können übersprungen, vertauscht oder auch wiederholt werden. Meistens verläuft der Prozess eher in Schleifen. Auch sind einzelne Aspekte manchmal nicht voneinander zu trennen – beispielsweise fallen Realisation und Evaluation oft zusammen, manchmal folgt sehr schnell ein Geistesblitz, die Inkubation scheint zu entfallen. Trotzdem hilft die Kenntnis der Phasen und die Eigen- und Fremdbeobachtung vor diesem Hintergrund dem Verständnis kreativer Prozesse und der Achtsamkeit im Umgang mit diesen.“

 

Kreativität zeichnet sich durch Originalität, Flexibilität, Sensitivität, Fluktualität, Komplexitätspräferenz, Elaborationsfähigkeit und Ambiguitätstoleranz aus (vgl. Meis 2012, S.45). Meis (ebd.) führt Ullmann (1968) und Csikszentmihalyi (1997) an, nach denen sich Kreativität unter anderem durch Originalität auszeichnet. Die kreativ-schöpferischen und teilweise unkonventionellen Einfälle und Weltsichten des Kunstschaffenden, sowie die individuelle Umsetzungsweise lassen ein Kunstwerk einmalig erscheinen (Originalität). Zudem agieren und reagieren Kunstschaffende während des kreativen Gestaltungsprozesses auf das, was vor ihren Augen entsteht. Sie interagieren mit sich, ihrer Umwelt und dem entstehenden Werk. Dabei müssen sie auch mit dem Unvorhersehbaren und mit Zufällen umgehen – denn nicht immer entspricht das Entstehende den eigenen Vorstellungen. Beispielsweise merkt man, dass das zuvor Erdachte nicht mit den gewählten Mitteln umgesetzt werden kann oder den eigenen Fähigkeiten entspricht. Auch kann während des Umsetzungsprozesses ein „Unfall“ passieren, da beispielsweise unbeabsichtigt Farbe vom Pinsel tropft, sodass ein Umdenken erforderlich wird, um diesen „Fehler“ sinnvoll im Bildgeschehen nutzen zu können. Kunstschaffen ist ein lebendiger Prozess, auf den es zu reagieren gilt. Dies erfordert nach Ullmann (1968) und Csikszentmihalyi (1997) nicht nur Sensitivität in Bezug auf das Einfühlen in ein Thema und den sensiblen Umgang mit Material (Was löst das Material in mir aus? Welche Eigenschaften besitzt das Material? Entspricht das Material meinem Thema oder ist ein anderes Material oder eine andere Technik zielführender?), sondern auch Flexibilität in Bezug auf den Schaffensprozess. Denn auch zuvor nicht bedachte, vielfach auch unkonventionelle Möglichkeiten können zur Realisierung des eigenen bildnerischen Ausdrucks führen, indem man beispielsweise in der Lage ist, schnell neue Ideen und Lösungswege zu entwickeln (Fluktualität). Dabei gilt es, sich nicht unbedingt mit der naheliegendsten und einfachsten Lösung zufrieden zu geben, sondern statt dessen auch andere Denkansätze in Betracht zu ziehen, die sich möglicher Weise als produktiver erweisen können (Komplexitätspräferenz). In andere Richtungen zu denken und einen anderen Blickwinkel einzunehmen kann hilfreich sein, um so eventuell zu einem anderen adäquateren Ergebnis zu gelangen (vgl. Ullmann 1968 u. Csikszentmihalyi 1997 zit. in Meis 2012, S.45). Ullmann (2012, S.161) weist darauf hin, dass es nicht unbedingt darauf ankommt, besonders viele Denkansätze zu entwickeln, sondern vor allem mindestens einen, aber dafür adäquaten, zu finden. Neben Durchhaltevermögen und Zielstrebigkeit (Elaborationsfähigkeit) verlangt kreatives Arbeiten vielfach auch den wertschätzenden und produktiven Umgang mit Krisen. Denn kreative Prozesse werden nicht nur von Glücksgefühlen, sondern vielfach auch von Frustrationserlebnissen begleitet. Auch gilt es andere Meinungen und Ansichten auszuhalten (Ambiguitätstoleranz), denn Kunst wird, wie unter Punkt 1 dargestellt, subjektiv erlebt und empfunden (vgl. Ullmann 1968 u. Csikszentmihalyi 1997 zit. in Meis 2012, S.45). Die hier genannten Faktoren sind individuell, situativ und prozessbezogen unterschiedlich stark ausgeprägt (vgl. Meis 2012, S.45). Meis (ebd.) formuliert diesbezüglich: „Ein kreativer Mensch kann beispielsweise viele neue Ideen entwickeln (Fluktualität), ohne dass er die Fähigkeit haben muss, diese dann auch zielstrebig umzusetzen (Elaborationsfähigkeit). Und umgekehrt würde niemand einen Künstler, der – statt viele neue Ideen zu entwickeln – einem einzigen künstlerischen Ansatz stringent vertiefend weiterentwickelt, als unkreativ bezeichnen.“

 

Kreativität kann nicht gelernt werden. Spontane kreative Eingebungen lassen sich nicht erzwingen, doch können kreative Prozesse durch verschiedene Faktoren positiv oder negativ beeinflusst werden. Was als Kreativitäts-fördernd bzw. Kreativitäts-hemmend erlebt wird, ist abhängig von der Person und der Situation. Entsprechend kann eine ablenkungsarme Umgebung sowohl Kreativitäts-fördernd, als auch Kreativitäts-hemmend wirken. Viele verschiedene Reize können entweder als anregend empfunden oder als hemmende Reizüberflutung wahrgenommen werden. Auch kann die Beobachtung durch andere als inspirierende Herausforderung oder als hemmender Faktor erlebt werden. Während sich der eine durch offene Themenstellungen beflügelt und durch enge Zielvorgaben in seiner Selbstständigkeit eingeschränkt fühlt, braucht ein anderer klare Themenstellungen und Zielvorgaben. Der Eine braucht zur Ideenfindung Zeit und Muße und wird aus der Langeweile heraus produktiv und kreativ tätig. Ein anderer sucht Zerstreuung und viele interessante Ereignisse, um ins kreative Schaffen eintauchen zu können. Demnach können Bewertungs- und Wettbewerbssituationen, begrenzte Entscheidungsspielräume, Zeit-, Leistungs-, oder Konkurrenzdruck, Stille, Musik, Langeweile usw. sowohl Kreativitäts-hemmend, als auch Kreativitäts-fördernd wirken (vgl. Meis 2012, S.47f.). Meis (ebd.) betont, dass jedoch „eine abwertende Haltung gegenüber dem Individuum ('Du kannst das doch sowieso nicht'; 'Ach Du schon wieder') und eine Abwertung seiner individuellen Kreativität ('Du träumst zuviel'; 'Du immer mit deinen Spinnereien'; 'Das macht doch keinen Sinn') eher zu Blockaden, als zu ihrer Entfaltung führen.“

 

Viele Erfindungen sind erst durch unkonventionelle Idee und Vorgehensweisen entwickelt worden. Im Gegensatz zu logischen, diskursiven Denkansetzen, in denen vorherrschende Erkenntnisse als gegebene Bedingungen vorausgesetzt werden, wird im kreativen Denken auch die Prämisse hinterfragt (vgl. Ullmann 2012, S. 163). Entsprechend formuliert Ullmann (ebd.): „Wohl alle wissenschaftlichen Erfindungen wurden gemacht, indem das 'Selbstverständliche' hinterfragt, als nicht (zwingend) gegeben erkannt und durch eine alternative Problemstellung oder eine alternative Prämisse ersetzt wurde.“

 

Wie dargestellt, basiert kreatives Schaffen auf einer Fragestellung, einem Interesse an einem Ding oder Sachverhalt und zieht eine intensive Beschäftigung mit dem Thema nach sich. Kreativität zeichnet sich nicht allein durch spontanen Einfallsreichtum und Fantasie aus. Vielfach ist Kreativität ein kontinuierlicher Prozess, der oftmals mit viel Arbeit verbunden ist. Indem ich beispielsweise diese Arbeit schreibe, trete ich in einen kreativen Gestaltungsprozess ein – inspiriert durch die eigenen Kunsterfahrungen und getrieben von der Frage, wie sich Bildende Kunst und Soziale Arbeit für mich sinnvoll und sinngebend zusammenführen lassen. Mein Thema, meine wage Idee bildet dabei den Ausgangspunkt, um von da ausgehend zu sammeln und zu forschen. Neues wird entdeckt Altes in Frage gestellt oder modifiziert. Begleitet wird der Arbeitsprozess von Krisen, in denen ich nicht voran zu kommen scheine, mir mein Vorhaben als zu groß oder als unsinnig erscheint und Hochgefühlen, die sich einstellen, wenn ich einen neuen bzw. adäquateren Lösungsweg entdeckt habe oder ein weiterführender Gedankengang greifbar wird, der die Arbeit vervollständigt und abrundet. Um dem, was ich sagen will, den richtigen Ausdruck zu verleihen wird mit Worten experimentiert, Textfragmente werden verschoben. Es wird geschrieben, gestrichen und umformuliert, bis es stimmig zu sein scheint. Ich muss das Rad nicht neu erfinden, doch meinen eigenen Ausdruck finden und eventuell zu neuen Erkenntnissen gelangen. Ob das Ergebnis nachher von Nutzen sein wird und den äußeren Ansprüchen gerecht werden kann, ist bisweilen ungewiss und zunächst nebensächlich.

 

Während in der Kunst Kreativität für zweckfreie Originalität und Einfallsreichtum eines einzelnen Genies steht (Kant), wird Kreativität in der Wirtschaft immer in Zusammenhang mit einer Neuschöpfung im Sinne einer Erfindung gesehen, die einen ökonomischen oder gesellschaftlichen Nutzen hat. Die Soziale Arbeit sieht Kreativität als wichtige personale Ressource des Einzelnen, um das Leben entsprechend der individuellen Fähigkeiten, personalen Möglichkeiten und in Bezug auf die individuelle Situation auf konstruktive Weise positiv zu nutzen und nutzbar zu machen (vgl. Meis 2012, S.42ff.).

 

1. 3 Was Bildende Kunst kann – eine kritische Betrachtung

Ohne unsere Sinne können wir Menschen die Welt nicht erschließen. Entsprechend bilden authentische ästhetische Erfahrungen „die Basis jeglicher Erkenntnis, vor allem aber jeglicher Erfahrungserweiterung und -modifikation.“ (Oevermann 1996, S.15 zit. in Peez 2005, S.15) Insofern gilt Wahrnehmungs-Kompetenz als wichtiger Bestandteil der Persönlichkeitsentwicklung. Zudem lässt das bewusste sinnliche Wahrnehmen von beispielsweise Gerüchen, Geschmacksrichtungen, Tönen, Farben, Formen, Oberflächen und Temperaturen den Menschen die Innen- und Außenwelt im Hier und Jetzt mit dem ganzen Körper spüren und erfahren. Insbesondere in Bezug auf das diskursive, leistungsbezogene Denken und Handeln unserer Gesellschaft, sowie in Hinblick auf die vorherrschende Reizüberflutung unserer technisierten, medialen Welt, kommt der intensiven ästhetischen Wahrnehmung, verbunden mit dem eigenen inneren Erleben, eine besondere Bedeutung zu (vgl. Meis 2012, S.24; Richter-Reichenbach 2004, S.60ff.). Die Beschäftigung mit sich selbst und die Fokussierung auf die Gegenwart bilden nicht nur einen Gegenpol zum Alltagserleben, sondern ermöglicht auch – insbesondere durch das freie Spiel der Erkenntniskräfte – einen anderen Blick auf sich selbst und die Welt und somit einen Perspektivwechsel in Hinblick auf das personale und soziale Erleben des Menschen.

 

In unserer heutigen Wissensgesellschaft gelten neben Allgemeinbildung und Sozialkompetenz auch Kreativität und Innovationsfähigkeit als Schlüsselkompetenzen, um als Industrienation und Wirtschaftsgesellschaft im internationalen Wettbewerb bestehen zu können (vgl. Schubert 2009, S.10ff.). Meis (2012, S.44) sieht sogar eine Verpflichtung zur Kreativität. Bei diesem wirtschaftlich motiviertem Verständnis von Kreativität im Sinne von Innovation stehen ökonomische Interessen und der gesellschaftliche Nutzen im Vordergrund. Dagegen gilt Kreativität im Rahmen der Sozialen Arbeit als wichtige, vielfach sogar lebenswichtige Ressource. Als kreativ werden alle Ideen und Verhaltensweisen einer Person verstanden, die es ihr ermöglichen, individuell und auf die eigene Person bezogen Problemlösestrategien zu entwickeln. Wesentlich ist der persönliche Nutzen und nicht der Wert für die Gesellschaft. Des Weiteren muss Kreativität im Verständnis der Sozialen Arbeit nicht unbedingt zielgerichtet und von Nutzen sein. So gilt zum Anderen auch das fantasievolle bildnerische Gestalten als wichtige Größe, auch wenn das Gestalten keinen Zweck verfolgt und keinem Ziel dient. Der individuell erlebte ästhetische Erfahrungsprozess steht hierbei im Vordergrund und nicht das Endprodukt (vgl. Meis 2012, S.42f.). Entsprechend formuliert Meis (2012, S.45) „Ein phantasievoller Mensch, der seine Imaginationskraft nicht in Lösungsstrategien und Innovationen umsetzt, ist im Verständnis der Sozialen Arbeit ebenfalls kreativ und ebenso wertvoll, wie ein Erfinder neuer Technologien.“

 

Rittelmeyer (2012, S.928ff.) führt Forschungsergebnisse an, die belegen, dass Kunst eine Reihe von Transferwirkungen haben kann. Auch wenn Zweifel an der Validität der Forschungsergebnisse bestehen, ist nachzuweisen, dass Kunst sich positiv auf die Verknüpfungen im Gehirn, auf den Gemütszustand und sogar auf das Immunsystem auswirkt, bzw. auswirken kann. Allerdings reagieren Menschen als Individuen verschieden und unterschiedlich intensiv auf Kunst, die verschiedenen Kunstformen und ihre Reize (vgl. ebd.). So existieren eine Reihe internationaler Forschungsbelegen dafür, „dass künstlerische Erfahrungen erhebliche Auswirkungen auf kognitive, emotionale , soziale und moralische Qualitäten Heranwachsender haben können.“ (Rittelmeyer 2010, S.21 zit. in Meis 2012, S.73). Auch Lützenkirchen (2011, S.16) betont, dass künstlerische Bildung multidimensional wirkt. Sie wirkt ganzheitlich und beeinflusst dabei nicht nur das geistige, körperliche und psycho-emotionale Erleben positiv, sondern nimmt auch das soziale Erleben des Mensche positiv Einfluss. Dementsprechend führt Lützenkirchen (2011, S.37ff.) eine Reihe von Entwicklungschancen auf, die durch bildkünstlerisches Gestalten gefördert werden können. Siehe die nachfolgende Tabelle.

 

Förderung körperlicher Fähigkeiten

 

- Training der Muskulatur

- Sensomotorik; Hand-Hand- und Hand-Augen-Koordination

- Geschicklichkeit

- Wahrnehmung

- Funktionsverbesserung

- Fähigkeiten im Umgang mit Werkzeug, Material, Techniken

- Gestaltungs- und Formgebungskompetenz

 

 Förderung kognitiver Fähigkeiten

 

- Selbststeuerung, Selbstorganisation, Selbstständigkeit

- Problemlösestrategien

- Wahrnehmungsfähigkeit

- Interpretationsfähigkeit

- Ausdrucksfähigkeit

- Urteils- und Kritikfähigkeit

- Kulturelle Bildung

- Konzentration

- Handlungsplanung

- Aufmerksamkeit

- Merkfähigkeit

- Experimentelle Kompetenzen

- Kreativitätsentwicklung

- Vorstellungskraft

- Handlungsrepertoire

- Verständnis für Arbeitsabläufe

- Gewinnen neuer Sichtweisen

- Reflexionsfähigkeit

- Motivation

- Lernfähigkeit

- Freies Denken

- Vernetzungsfähigkeit

- Entscheidungsfähigkeit

 


 Förderung emotionaler Fähigkeiten

 

- Gefühle zulassen, wertschätzen, ausdrücken

- Selbstvertrauen

- Geduld

- Nonverbale Ausdrucksmöglichkeiten

- Frustrationstoleranz

- Freude, etwas eigenes zu schaffen

- Erholung, Ausdruck

- Introspektion, Selbstreflexion, Selbsterkenntnis

- Selbstausdruck

- Selbstbestimmung

- Eigenverantwortung

- Anerkennung eigener und fremder Leistung

- Finden/Anerkennen persönlicher Interessen, Fähigkeiten und Bedürfnisse

 

Förderung Soziale Fähigkeiten

 

- Sicherheit im Umgang mit Menschen

- Bereitschaft, Regeln einzuhalten

- Rücksicht auf andere

- Kooperationsfähigkeit

- Kommunikationsfähigkeit

- Beziehungen eingehen

- Integration

- Belastbarkeit

- Team- und Gruppenfähigkeit

- Gestaltung und Strukturierung von Zeit und Freizeit

- Kontaktfähigkeit

- Konfliktfähigkeit

- Kritikfähigkeit

- Empathie und Solidarität

- Gemeinschaft erleben

- Offenheit

- Partizipation

- Sozialkompetenz

- Toleranz

 


 (Lützenkirchen 2011, S.37ff.)

Meis (2012, S.50ff.) fügt in diesem Zusammenhang kritisch an, dass künstlerische Projekte weder allein auf die Soft Skills, noch auf die Schlüsselkompetenzen zugeschnitten oder reduziert werden dürfen. Sie sieht eine derartige Fokussierung, „dem Legitimationsdruck geschuldet“. Sie formuliert (ebd., S.52): „Die Betonung der Verwertbarkeit, die an Kompetenzen geknüpft ist, birgt unterschiedliche Gefahren. So werden möglicher Weise zentrale Werte (Inhalte) zugunsten von Kompetenzförderung (Methoden) vernachlässigt, und bei den Lernenden wird nicht Wissbegierde und Offenheit initiiert, sondern die Frage nach dem direkten Nutzen in den Vordergrund gerückt – individuell, gesellschaftlich und ökonomisch.“ Wie im Folgenden dargestellt, ist der Subjektbezug wesentlich in der Sozialen Arbeit. Dabei arbeitet die Soziale Arbeit weder patriachalisch noch missionarisch, entsprechend werden „auch ökonomisch unrentable Lebensentwürfe – einschließlich der hierfür relevanten, vielleicht ganz anderen 'Kompetenzen' (unterstützt)“ (ebd.). Auch Schneider (2012, S.371) sieht in der Legitimierung künstlerischer Angebote auf Grundlage der Transfereffekte „die Gefahr, Kulturelle Bildung zu instrumentalisieren“. Schneider (2012, S.370) gibt zu bedenken: „Das Kunstwerk steht in Kommunikation mit dem Rezipienten. Und dieser Rezipient bringt seine Erfahrungen ein, lässt sich auf die Kommunikation mit dem Kunstwerk ein. Am Ende gelingt – im besten Falle Bereicherung, Erkenntnis oder Erweiterung von Erfahrungen. Das ist eine der Grundlagen für Veränderungen, und zwar im Menschen selbst mit Blickrichtung auf die Welt. Kunst verändert niemals direkt und verträgt auch nicht so viele fremdbestimmte Kategorien, schon gar nicht didaktische Forderungen der Pädagogik. Deshalb geht es neben dem Handwerklichen, dem Können im eigenen Fach, immer auch um die inspirative Kraft von Kunst, die künstlerische Handschrift, die Subjektivität des Ausdrucks, die Komplexität des Kunstwerks.“ Zwar wirkt sich kulturelle Bildung positiv auf die Gesellschaft aus, doch ist sie kein Allheilmittel. Entsprechend sollten künstlerische Angebote weder über noch unterschätzt werden. Wesentlich ist es folglich zu klären, was Kunst im Rahmen ganzheitlicher Bildung in den verschiedenen Bereichen der Sozialen Arbeit leisten kann (vgl. Schneider, S. 237).

 

2 Bildkünstlerisches Gestalten mit Gruppen

Soziale Gruppenarbeit ist eine Methode der Sozialen Arbeit. Die Gruppenarbeit basiert auf Freiwilligkeit. Im Gruppenerleben und Gruppenlernen sollen, durch die bewusste Beeinflussung von Gruppenprozessen durch die Gruppenleitung, soziale Fähigkeiten und Problemlöse- bzw. Bewältigungskompetenzen des Einzelnen gefördert werden. Neben eher pädagogischen Zielen wie Persönlichkeitsentwicklung, Reifung und Bildung können auch eher „heilende“ und fürsorgerisch integrative Zielsetzungen, die auf Partizipation und Teilhabe benachteiligter Menschen abzielen, im Vordergrund stehen (vgl. Galuske 2011, S.94ff.). Die soziale Gruppenarbeit basiert auf den unter Punkt 2 behandelten ethischen Grundsätze der Sozialen Arbeit (vgl. Galuske 2011, S.96f.). Galuske (ebd.) führt Schiller (1963, S.139ff.) an, der als handlungsleitende Prinzipien zum einen Individualisierung benennt. Verstanden wird darunter, die einzelnen Gruppenmitglieder als individuelle Persönlichkeiten wahrzunehmen und ihnen innerhalb der Gruppe die Möglichkeit zu gegeben, an und mit den Gruppenmitgliedern zu wachsen und sich individuell weiter zu entwickeln. Zudem ist es nach Schiller wichtig, die Gruppe dort abzuholen, wo sie steht – beispielsweise in Hinblick auf Fähigkeiten, zielgruppenspezifische Themen, Bedürfnisse oder Fragestellungen und Probleme – ohne defizitorientiert zu sein. Durch das kreatives Gestalten und die Auseinandersetzung mit der eigenen, sowie der bildkünstlerischen Arbeit der anderen werden Gruppenprozesse initiiert. In der Gruppe bestehen entsprechend des gesellschaftlichen Werte- und Normenverständnisses Regeln, an die sich die TeilnehmerInnen zu halten haben. Bei Verstößen, beispielsweise in Konfliktfällen, werden erzieherische Grenzen gesetzt. Im Allgemeinen sollte sich die Gruppenleitung jedoch während des Gruppenprozesses zunehmend zurücknehmen und sich nach und nach entbehrlich machen (ebd.). Denn Ziel ist: „dass sich die Teilnehmer als wertvolles Mitglied einer sozialen Gemeinschaft erleben, dass selbstständigeres Denken ohne Fokussierung auf den Leiter gefördert wird und dass Handeln und Problemlösen durch andere demonstriert und angeregt werden (Vorbildlernen).“ (Lützenkirchen 2011, S.24)

 

Wellhöfer (2012, S.17ff.) benennt – basierend auf den Gruppendefinitionen von Hofstätter (1986), Cooley (1909), Homans (1972), Newcomb (1959) und Lewin (1963) – als die wesentlichen Merkmale einer Gruppe: ein verhaltensintegrierendes Rollensystem, enge soziale Interaktion, gemeinsame Normen und Ziele, Wirkung des sozialen Kraftfeldes, Gruppenvorteil und Wir-Gefühl. Demnach bestehen Gruppen nicht zum reinen Selbstzweck, denn die Gruppenmitglieder verfolgen ein gemeinsames Ziel und grenzen sich als Gruppe von den nicht teilnehmenden Menschen ab. Gruppen sind nicht nur ein zielgerichtetes soziales Kollektiv, in dem bestimmte Normen miteinander geteilt und gemeinsame Interessen und Ziele verfolgt werden, sondern sie zeichnen sich zudem durch eine Rollenstruktur aus (Leiterrolle, Geführtenrolle). Dabei stehen die einzelnen Gruppenmitglieder in enger Wechselbeziehung zueinander und entwickeln aufgrund der Gruppenzugehörigkeit ein Wir-Gefühl. Die Gruppe bildet somit ein dynamisches soziales Kraftfeld, dessen Vorteil darin besteht, gemeinsam mit den anderen Gruppenmitgliedern verschiedenste Ziele effektiver erreichen zu können als alleine. Gruppen können sich nur gut entwickeln, wenn die an der Gruppenarbeit interessierten Menschen (potentielle Gruppenmitglieder) zueinander in Beziehung treten, um erfolgreich miteinander interagieren zu können. Zudem müssen gemeinsame Ziele, Motive und Interessen vorhanden sein. Eine gewisse Sympathie bildet dabei die Voraussetzung für die Identifikation mit der Gruppe (vgl. ebd.).

 

Neben der formalen Rollenstruktur, die sich aus Leiterrolle und Geführtenrolle zusammensetzt, bestehen innerhalb der Gruppe hierachische Rollen (z.B. Anführer, Außenseiter, Gruppenclown), die teilweise selbstgewählt und teilweise durch die Gruppe übergestülpt worden sind (vgl. Wellhöfer 2012, S.98). Die Rollen können sich positiv oder negativ auf die Gruppe auswirken. Beispielsweise fördert Verständnis gegenüber anderen Gruppenmitgliedern, sowie deeskalierendes und wertschätzendes Verhalten nicht nur die Gruppenkommunikation, sondern auch das Vertrauen und die Zusammenarbeit. Ohne ein solches Rollenverhalten funktionieren weder zielführende Gruppenprozesse, noch entsteht ein Gruppenzusammenhalt. Abwertendes Verhalten, ständige Albernheiten, Angriffslust und Verweigerungshaltungen stören hingegen den Gruppenprozess (vgl. Klein 2002, S.56). Entgegen der zumeist formal vorgegebenen Gruppenleitung, die vorwiegend moderierende und koordinierende Aufgaben beinhaltet (s.u.), kann im Grunde jedes Gruppenmitglied die Initiative ergreifen und die Führungsrolle übernehmen. Als Führung werden Eigeninitiative oder Aktivitäten einzelner Gruppenmitglieder bezeichnet, die die anderen Gruppenmitglieder zielführend beeinflussen und die somit der Gruppe, sowie der gemeinsamen Gruppenarbeit dienlich sind. Je mehr Gruppenmitglieder sich in verschiedenen Situationen mit der Führungsrolle abwechseln, desto leistungs- und anpassungsfähiger ist bzw. wird die Gruppe (vgl. Wellhöfer 2012, S.107f.; Klein 2002, S.112ff.). Dementsprechend bezeichnet Klein (2002, S.112) die Führungsrolle als Motor der Gruppe. Klein weist jedoch darauf hin, dass nicht jede und nicht jeder gleichbleibend als GruppenführerIn akzeptiert wird. Abhängig ist die Akzeptanz der Führungsrolle nicht nur von personalen Faktoren (z.B. Persönlichkeit, Fähigkeiten) sondern auch von situativen Faktoren (z.B. Sympathien der anderen, Bedürfnisse und Ziele der Gruppe – denn ein und dasselbe Verhalten kann mal bereichernd und mal störend wirken). Entsprechend kann der Führungswechsel als ein dynamischer Prozess angesehen werden, der teilweise mit Rivalitäten verbunden ist. Die Beobachtung darüber, wer wann die Führungsrolle inne hat, kann unter anderem verraten, welche unausgesprochenen Bedürfnisse und Wünsche die Gruppe hat (vgl. Klein 2002, S.113ff.). Klein (2002, S.115f.) formuliert: „Je offener der Prozeß der Führungswünsche und des Führungswechsels gestaltet werden kann, desto mehr wird jedes Mitglied lernen, sich den eigenen Fähigkeiten entsprechend einzubringen und sie auch weiterzuentwickeln, Bedürfnisse anzumelden, und Raum zu nehmen, aber auch abgeben und überlassen zu können.“ Das Wissen im sozialen Gruppenerleben wechselseitig aufeinander angewiesen zu sein (Interdependenz), kann zum Einen das Selbstbewusstsein und eigenständige Verhalten des Einzelnen fördern. Zum Anderen können sich begrenzte Vorstellungen, beispielsweise in Bezug auf Eigenschaften oder Fähigkeiten anderer bzw. die eigenen Fähigkeiten, ausdehnen (vgl. ebd.).

 

Es wird zwischen geschlossenen, offenen und halboffenen Gruppen unterschieden. Eine geschlossene Gruppen besteht aus festen Mitgliedern, die für einen bestimmten Zeitraum kontinuierlich zusammenarbeiten. Aufgrund der nach außen hin geschlossenen Struktur und der Beständigkeit können sich die Mitglieder untereinander besser kennenlernen und zueinander Vertrauen aufbauen. Eine offene Gruppe bietet hingegen jedem Interessierten die Möglichkeit, sich jederzeit der Gruppe anzuschließen und sie jederzeit wieder zu verlassen. Aufgrund der hohen Fluktuation erneuert und verändert sich die Gruppe ständig. Halboffenen Gruppen bestehen sowohl aus kontinuierlich teilnehmenden Mitgliedern, sie sind zugleich aber auch offen für Neuankömmlinge und bieten somit sowohl Beständigkeit als auch Wandel und Erneuerung (vgl. Aissen-Crewett 2013, S.18). Aissen-Crewett (ebd.) weist darauf hin, dass sich eine gewisse Homogenität in Bezug auf eine im Großen und Ganzen ähnliche Gruppenzusammensetzung (kontinuierliche Mitglieder) und damit verbunden eine relativ gleichbleibende Interessen- und Bedürfnislage innerhalb der Gruppe positiv auf die Gruppenarbeit auswirken.

 

Die Zielsetzungen und Konzepte bei künstlerischen Gruppenangeboten unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der Zielgruppe – bezogen auf die Erwartungen, Motivationen und Interessen, sowie die Fähigkeiten der TeilnehmerInnen und die gruppenspezifischen Themen – sondern auch in Bezug auf die Möglichkeiten, die Bildende Kunst den GruppenteilnehmerInnen zur Bereicherung ihres Lebens bieten kann. Auch hinsichtlich der institutionellen Rahmenbedingungen – in Hinblick auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Zeitstruktur, die Finanzierung und die Räumlichkeiten – bestehen gruppenspezifische und konzeptionelle Unterschiede (vgl. Aissen-Crewett 2013, S.19f.; Meis 2012, S.56f.).

 

Im Sinne von Partizipation und Teilhabe werden die TeilnehmerInnen aktiv in die Gruppenarbeit mit einbezogen. Wesentlich bei bildkünstlerischen Gruppenangeboten ist der Prozess selbst. Entsprechend stehen nicht konkrete Lernziele und damit verbunden künstlerisch wertvolle Ergebnisse im Vordergrund der Gruppenarbeit. Statt dessen wird besonderer Wert auf: „Subjektorientierung, Prozessorientierung, entdeckendes Lernen, Werkstattprinzip, Projektarbeit und Ästhetische Forschung“ gelegt (vgl. Meis 2012, S.56).

 

In der Arbeit mit Gruppen kann Kunst als Methode sowohl direktiv, als auch nicht-direktiv eingesetzt werden. Entweder werden Material und Thema vorgegeben (direktiv) oder Material und Thema sind frei wählbar (nicht-direktiv). Bei der nicht-direktiven Vorgehensweise werden die TeilnehmerInnen ermutigt und dabei unterstützt, ihr Thema selbst zu finden und das Material entsprechend ihrer Vorstellungen auszuwählen (vgl. Aissen-Crewett 2013, S.14). In Hinblick auf die unter 1.2 dargestellte individuell und situativ unterschiedlich wirkenden Kreativitäts-fördernden und Kreativtäts-hemmenden Faktoren kann beides von Vor- und Nachteil sein. Entsprechend weist Aissen-Crewett (2013, S.14ff.) darauf hin, dass sich bei fehlender Spontanität oder sonstigen Schwierigkeiten mit der eigenständigen Themenwahl die direktive Vorgehensweise empfiehlt. Zudem kann ein gemeinsames Thema den Gruppenzusammenhalt stärken und einer Vereinzelung kann durch die Interaktionen über ein gemeinsames Thema entgegengewirkt werden. Auch können Themen zur gemeinsamen Bearbeitung gestellt werden, mit denen sich die TeilnehmerInnen von sich aus nicht auseinandergesetzt hätten (ebd.).

 

Gruppen können sowohl positiv, als auch negativ wirken (vgl. Lützenkirchen 2011, S.24; Klein 2002, S.83f.). Insbesondere für Menschen, die sich mit Kunst schwer tun und Hemmungen haben, sich künstlerisch auszudrücken, bietet Gruppenarbeit einen sozialen Schutzraum, in dem die verborgenen Fähigkeiten Einzelner zur Entfaltung kommen können (vgl. Aissen-Crewett 2013, S.15). Die einzelnen Gruppenmitglieder lernen voneinander. Sie motivieren sich, tauschen sich über ihr Wissen aus und geben sich gegenseitig Feedback. Durch die enge soziale Kommunikation und Interaktion beeinflussen sich die TeilnehmerInnen gegenseitig, sodass sie von den Ideen, Sichtweisen und dem Wissen der anderen profitieren können. Auch ermöglichen die Sichtweisen anderer einen neuen Blick auf die Welt und somit einen Perspektivwechsel. Zudem bietet die Gruppe (als ein neu erschlossener, geschützter Rahmen) die Möglichkeit, sich in neuen Rollen auszuprobieren und somit verborgene Fähigkeiten zu entdecken, sowie bisher unbekannte Verhaltensweisen auszuprobieren. Durch die Gruppenzugehörigkeit kann nicht nur das Bedürfnis nach Zugehörigkeit erfüllt werden, sondern auch „Respekt, Anerkennung, Austausch und Unterstützung durch andere Menschen“ (Lützenkirchen 2011, S.24) erfahren werden. Diesbezüglich kann das psychische Wohlbefinden gesteigert werden. Das Zusammenwachsen in der Gruppe steigert zudem die soziale Integration in die Gesellschaft (vgl. ebd.). Entsprechend wird Gruppenarbeit nach Aissen-Crewett (2013, S.15) „oft als befriedigender empfunden als Einzelarbeit“. Negativ kann sich hingegen die Ablenkung durch andere Gruppenmitglieder auswirken (z.B. ausgedehnte Kaffeepausen). Auch fehlende Konzentration, Konkurrenzdruck und Rivalität innerhalb der Gruppe können sich negativ auswirken. Zudem bringen die Gruppenmitglieder verschiedenste Fähigkeiten und Bedürfnisse in die Gruppe mit ein. Während die einen in Bezug auf das Kompetenzniveau innerhalb der Gruppe unterfordert sind und sich gelangweilt fühlen können, können sich andere GruppenteilnehmerInnen überfordert fühlen. In diesem Fall besteht die Gefahr der Abwertung durch andere Gruppenmitglieder, wie die Gefahr einer Selbstabwertung in Bezug auf die eigenen Fähigkeiten und Leistungen. Dies kann zu Versagensängsten und Desinteresse bis hin zum (inneren) Rückzug führen (vgl. Lützenkirchen 2011, S.24f.).

 

Aissen-Crewett (2013, S.15) betont, dass Gruppen organisiert sein müssen und eine Struktur brauchen, um konstruktiv zu funktionieren. Zwischen Gruppenleitung und TeilnehmerInnen, sowie auch zwischen den TeilnehmerInnen untereinander sollte stets Kontakt und kommunikativer Austausch möglich sein. Da jedes Gruppenmitglied ausreichend Zeit für Gespräche haben sollte, sollte die Gruppengröße nicht mehr als 10 TeilnehmerInnen umfassen. Eine Gruppengröße von weniger als 4 TeilnehmerInnen empfiehlt sich nicht (vgl. Aissen-Crewett 2013, S.19). Aissen-Crewett (ebd.) formuliert: „Eine gewisse Gruppengröße ist erforderlich, um eine Interaktion und einen freien Fluss von Ideen zu ermuntern.“ Um Gruppenarbeit sinnvoll und begründet zu gestalten, ist neben den Grundprinzipen Sozialer Arbeit (s.o.) auch dass Wissen um die nachfolgend dargestellten Gruppenprozesse und die damit verbundenen Dynamiken bedeutend (vgl. Galuske 2011, S.96f.).

 

2. 1 Gruppenprozesse

Wie dargestellt ist jede Gruppe anders. Folglich verlaufen auch Gruppenprozesse von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich. Klein (2002, S.27) weist darauf hin, dass Stillstand oder Fortentwicklung eines Gruppenprozesses in Zusammenhang mit den jeweiligen Einflüssen, die einerseits die Gruppenmitglieder und andererseits die Gruppenleitung beitragen, stehen. Dementsprechend betont auch Wellhöfer (2012, S.23), dass sich jede Gruppe individuell entwickelt.

 

Vor dem Hintergrund, dass Menschen eigenständige und zugleich soziale Wesen sind, werden die unterschiedlichen Beziehungen innerhalb der Gruppe und die von Gruppe zu Gruppe unterschiedlichen Gruppendynamiken verständlich. Als soziale Wesen treten Menschen in Wechselbeziehung zu anderen Persönlichkeiten. Die Art und Weise, wie andere Menschen eine Person wahrnehmen und auf sie reagieren, nimmt nicht nur Einfluss auf das persönliche Gefühl und Verhalten eines Menschen, sondern kann sich auch auf das Selbstbild eines Menschen – positiv, wie negativ – auswirken. Folglich verhält sich jeder Mensch in verschiedenen Gruppen (z.B. Freundeskreis, Familie, Verein) unterschiedlich. Sogar innerhalb derselben Gruppe kann sich ein Mensch in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich wahrgenommen fühlen und sich entsprechend verschieden erleben und anders verhalten. Dieses unterschiedliche Erleben und Verhalten eines Menschen in verschiedensten sozialen Zusammenhängen hängt eng mit den menschlichen Grundbedürfnissen nach Anerkennung, Zugehörigkeit und Sicherheit zusammen. Zwar sind Menschen eigenständige, selbst denkende und fühlende Wesen, doch hat jeder Mensch das individuell mehr oder weniger stark ausgeprägte Grundbedürfnis nach Anerkennung und Zugehörigkeit. Dieses Grundbedürfnis beeinflusst das Empfinden und Verhalten einer Person beispielsweise insofern, dass Menschen, die sich in einer Gruppe nicht akzeptiert fühlen, verunsichert sind und ihre Meinung nicht äußern. Anerkennung kann hingegen bewirken, dass sich jemand wichtig fühlt, bis hin zur Selbstüberschätzung. Sind Menschen sich einander fremd oder befinden sie sich in einer unbekannten Situation, sind sie vielfach unsicher, wie sie sich zu verhalten haben. Bekanntes hingegen gibt Sicherheit und so neigen Menschen dazu, an Altbekanntem fest zu halten, selbst wenn dies weder förderlich noch gut für sie ist. Aufgrund dieses Sicherheitsbedürfnisses suchen Menschen beispielsweise in fremden Gruppen nach bekannten Gesichtern oder reagieren zunächst skeptisch auf neue Mitglieder oder neue Abläufe. Diese Vorgänge verlaufen zumeist unbewusst, sodass unbestimmte Gefühle zu unreflektiertem Verhalten führen. Um selbstbestimmt handeln zu können gilt es diese Gefühle bewusst zu machen und auszusprechen, wenn man sich ärgert, sich überfordert fühlt oder sich über ein Lob freut (vgl. Klein 2002, S.18ff.).

 

Auf Grundlage dieser von Mensch zu Mensch ähnlich ausgeprägten Grundbedürfnisse entwickeln sich verschiedene Gruppen stets nach einem ähnlichen Muster und in Prozessen, die sich in einem Phasenmodell beschreiben lassen (vgl. Klein 2002, S.26). Die Phasen und Prozesse bewegen sich stets in Bezug auf die verschiedenen Individuen innerhalb der Gruppe. Sie zeichnen sich durch eine Pendelbewegung zwischen Anpassung, Gemeinsamkeit, Harmonie (Integration) auf der einen Seite und der Individualitätsbestrebungen der TeilnehmerInnen (Differenzierung) auf der anderen Seite aus. Hier besteht ein großes Potential der Gruppe, da Differenzierung und Gemeinsamkeit bei gleichzeitiger Anerkennung der Individualität der Gruppenmitglieder sowohl zur Weiterentwicklung des Einzelnen, als auch zur Weiterentwicklung der Gruppe beitragen kann (vgl. Wellhöfer 2012, S.23).

 

Die im Folgenden dargestellten Phasen, die unter anderem auf die Erkenntnisse von Tuckman (1965) zurückgehen, sind idealtypisch. Sie sind je nach Gruppe unterschiedlich lang ausgeprägt, es kommt zu Überschneidungen und Rückschritten (vgl. Wellhöfer 2012, S.23). Wellhöfer (ebd., S.27) fügt an, dass es auch vorkommen kann, dass die Gruppenentwicklung nicht über die ersten zwei Phasen hinauskommt.

 

 

Fremdheits- und Orientierungsphase (forming)

 

Vielfach kennen sich die meisten GruppenteilnehmerInnen zu Beginn der Gruppenarbeit noch nicht und wissen auch nicht, was sie erwartet. Diese Phase zeichnet sich sowohl durch Neugier und eine gespannte Erwartungshaltung aus. Sie ist zugleich jedoch mit Unsicherheiten oder sogar Ängsten verbundenen (vgl. Wellhöfer 2012, S.24; Klein 2002, S.27). Klein (ebd.) formuliert: „Solange ich nicht weiß, ob ich wenigstens von einigen Mitgliedern oder vom Leiter akzeptiert werde, fühle ich mich gefährdet.“ Wie intensiv dieses unsichere Gefühl ist, hängt von den individuellen Erfahrungen des Einzelnen ab (vgl. ebd.). Entsprechend werden in dieser Phase des Ankommens erste distanzierte Kontakte zu den anderen zumeist sympathisch wirkenden TeilnehmerInnen aufgenommen (vgl. Wellhöfer 2012, S.24; Klein 2002, S.28). Die Phase des vorsichtigen Kennenlernens ist geprägt von einem „aufeinander zu“ und „voneinander weg“ (Klein 2002, S.28). Neben unverbindlichem Verhalten sind die TeilnehmerInnen in dieser Phase, in der die einzelnen Gruppenmitglieder Orientierung suchen und versuchen sich einen Überblick zu verschaffen, vor allem mit sich selbst beschäftigt. Entsprechend herrscht in dieser Phase Ich-Denken vor (vgl. Wellhöfer 2012, S.24). Während extrovertierte, selbstbewusste Menschen die Aufmerksamkeit und Erwartungen der Gruppe auf sich lenken können, können andere Gruppenmitglieder aufgrund ihrer zurückhaltenden oder schüchternen Art übersehen werden. Solche erste Wahrnehmungen können sich auf die Rollenfindung und Rollenzuschreibungen innerhalb der Gruppe auswirken. In Zusammenhang mit den ersten Eindrücken entstehen – in Hinblick auf das Denken und Verhalten anderer TeilnehmerInnen, insbesondere der Leitung – sowohl ausgesprochene, als auch unausgesprochene Regeln und Normen (vgl. Klein 2002, S.28f.).

 

 

Rollenklärungsphase und Phase der Platzfindung (storming)

 

Da die Rollen und Beziehungen in dieser Phase noch nicht eindeutig geklärt und stabil sind, versucht jedes Gruppenmitglied mehr oder weniger bewusst und auf ihre/seine Art und Weise, einen Platz in der Gruppe zu finden (vgl. Wellhöfer 2012, S.24; Klein 2002, S.32). Die Gruppenmitglieder nehmen sich gegenseitig wahr, sie registrieren und bewerten unbewusst das Verhalten der anderen in Korrelation mit den eigenen Werten und dem eigenen Verhalten. Sie wägen potentielle Beziehungen, sowie persönliche Chancen und Nachteile im Gruppengefüge ab. Auch werden verschiedene Rollen ausprobiert. Dabei wird getestet, welches Verhalten bei den anderen gut ankommt. Wesentlich ist, dass der Platz von den anderen TeilnehmerInnen wahrgenommen und registriert wird. Da es darauf ankommt überhaupt von den anderen wahrgenommen zu werden, ist zweitrangig, ob die potentielle Rolle in der Gruppe negativ oder positiv besetzt ist. Ist eine Rolle festgeschrieben, wird es für die betreffende Person schwer, eine neue Rolle einzunehmen. Folglich birgt eine zu schnelle Rollenzuschreibung die Gefahr, dass einzelne nicht entsprechend ihrer potentiellen Fähigkeiten wahrgenommen werden und zudem innerhalb der Gruppe kaum eine Chance haben, sich konstruktiv zu verändern oder weiterzuentwickeln (vgl. Klein 2002, S.32ff.). Entsprechend der hier vorherrschenden Gruppendynamik stehen auch in dieser Phase Selbstbehauptung und Ich-Denken im Vordergrund. Das Gruppenklima ist geprägt von Machtkämpfen und Meinungsverschiedenheiten, die sowohl offen als auch verdeckt ausgetragen werden. Andererseits wird die Phase von ersten Sympathien und dem zunächst nur im Ansatz ausgebildeten Gefühl der Zugehörigkeit begleitet (vgl. Wellhöfer 2012, S.24).

 

 

Bindungs- und Vertrautheitsphase (norming)

 

Die Rollen und der dazugehörige Status innerhalb der Gruppenorganisation stehen fest. Das Wissen um die vorherrschende Rollenverteilung, sowie das Kennen und Akzeptieren der jeweiligen Stärken und Schwächen vermittelt Sicherheit (vgl. Klein 2002, S.38). Diese Phase ist deutlich entspannter als die vorhergehenden, da sich aus den zuvor herrschenden Unsicherheiten und Machtkämpfen Vertrauen und Zusammenhalt entwickelt haben. Die Identifizierung mit der jeweils erkämpften Rolle ist wesentlicher Bestandteil dieser Phase. Die TeilnehmerInnen fühlen sich nicht nur weitesgehend akzeptiert und in der Gruppe integriert, sondern erleben sich als Kollektiv, in dem jeder seinen festen Platz hat. Dies bietet Sicherheit und ermöglicht es den TeilnehmerInnen, sich anderen gegenüber auch emotional zu öffnen. Zudem haben sich gruppenspezifische Verhaltens- und Umgangsnormen entwickelt (z.B. Begrüßungsritus, pünktlicher Arbeitsbeginn, ein die Gruppenarbeit integrierte, Kaffeepausen), die den Zusammenhalt fördern. Die Gruppe ist zusammengewachsen, sodass von einem klaren Wir-Gefühl gesprochen werden kann, auch wenn es teilweise zu kleineren Machtkämpfen kommt (vgl. Wellhöfer 2012, S.25). In dieser Phase wird jedes Denken und Verhalten, das der Gruppennorm entspricht und das Wir-Gefühl hervorhebt, bestärkt. Individuelles, von der Gruppennorm abweichendes Denken und Verhalten wird hingegen von der Gruppe abgelehnt (vgl. Klein 2002, S.38f.).

 

 

Differenzierungs- und Festigungsphase (performing)

 

Die Gruppenmitglieder haben sich eingewöhnt und die Gruppenstruktur hat sich gefestigt. Entsprechend kann in dieser Phase produktiv zusammengearbeitet werden (vgl. Wellhöfer 2012, S.25). Ist, basierend auf den Erfahrungen der vorherigen Phasen, Vertrauen und Toleranz gewachsen, werden die individuellen Unterschiede der verschiedenen Persönlichkeiten nicht nur akzeptiert, sondern auch als Chance für die Weiterentwicklung und die Zielerreichung der Gruppe erkannt. Zudem können sich die Gruppenmitglieder, aufgrund der vertrauensvollen Atmosphäre und der vorherrschenden Toleranz, erneut ausprobieren. Es besteht die Möglichkeit der Veränderung bei gleichbleibender Akzeptanz und Anerkennung (vgl. Klein 2002, S.41f.). Während das eigene Gruppenbild positiv – bis hin zur Überschätzung der Gruppenleistung – besetzt ist, werden vielfach abwertende Vergleiche zu anderen Gruppen gezogen (vgl. Wellhöfer 2012, S.25f.). Wellhöfer (ebd.) fügt an, dass diese Phase – aufgrund des stabilen Zusammenhalts – besonders geeignet ist, neue Mitglieder aufzunehmen.

 

 

Abschluss- und Trennungsphase (adjourning)

 

Die Gruppenarbeit bzw. das Projekt kommt zum Abschluss und der Abschied von der Gruppe steht bevor. Diese Trennungsphase geht mehr oder weniger starken Gefühlen einher (vgl. Wellhöfer 20012, S.27; Klein 2002, S.43). Der mehr oder weniger stark empfundene Trennungsschmerz geht unbewusst mit mehr oder weniger starken Verlustängsten oder auch Schuldgefühlen (die sich darauf beziehen, jemanden zu verlassen und den Kontakt nicht halten zu können) einher. In dieser Phase werden gemeinsame Erinnerungen und Gruppenerlebnisse wach und miteinander ausgetauscht. Entsprechend wird in dieser Phase vor allem das Gemeinsame betont. Gleichzeitig können Orientierungslosigkeit und Unsicherheit, wie sie in der ersten Phase vorgeherrscht haben, auftreten. Der Fokus der Gruppe richtet sich wieder auf die Leitung, von der Orientierung erhofft wird. Bei einem, auf eine bestimmte Zeitspanne festgelegten Projekt mit absehbarem Ende sind die oben genannten Ängste weniger stark ausgeprägt. Dennoch kommt der Abschiedsphase eine wichtige Bedeutung zu, damit weder diffuse, noch ungeklärte Gefühle bei den TeilnehmernInnen zurück bleiben. Das gemeinsam Erlebte sollte reflektiert werden, dabei sollte die Gruppenleistung gewürdigt, gegenseitiges Feedback gegeben und wichtige, gewinnbringende Erfahrungen des Einzelnen festgehalten werden. Zudem können die TeilnehmerInnen sich über ihre zukünftigen Vorhaben austauschen (vgl. Klein 2002, S.43f.). Wellhöfer (2012, S.27) weist darauf hin, dass in dieser Phase weitere gemeinsame Ziele gefunden werden können, auf deren Grundlage eine Fortsetzung der Gruppenarbeit, entweder in ihrer ursprünglichen Form oder in erweiterter bzw. verkleinerter Form, erfolgen kann.

 

Die Gruppensitzungen selbst, gliedern sich in der Regel nach dem Muster Aufwärmphase, Aktivitätsphase und Beendigungsphase auf. Auch hier steht mal die eine und mal die andere Phase mehr im Vordergrund. Beispielsweise kann die Aufwärm- oder Vorstellungsphase und die Gruppenkommunikation mehr Zeit und Raum beanspruchen, da beispielsweise Klärungsbedarf (Fragestellungen, Konflikte, Kritik) besteht und mal das kreative Gestalten, wobei die Aufwärm- bzw. Kommunikationsphase zurücktritt oder sogar ausfällt, da das bildnerische Gestalten selbst die Kommunikation und die soziale Interaktion der Gruppe darstellen kann (vgl. Aissen-Crewett 2013, S.22f.).

 

2. 2 Anforderungen an die Gruppenleitung

Mit Menschen in Gruppen bildkünstlerisch zusammenzuarbeiten bedeutet, Individuen die Möglichkeit zu bieten, ihr künstlerisches Potenzial frei zu entfalten. Dabei wird ihnen im Rahmen der Programmgestaltung inhaltlich, sowohl in Bezug auf Material und Fertigkeiten als auch in Bezug auf das soziale Miteinander, eine konstruktive Richtung gegeben (vgl. Galuske 2011, S.97). Dementsprechend formuliert Lützenkirchen (2011, S.25): „Die Aufgaben des Leiters bestehen besonders darin, den Kontakt zwischen den Teilnehmern zu fördern, Störungen zu erkennen und zu beheben, einen Platz für Selbststeuerung und Individualität zu schaffen und auf Verständlichkeit für alle zu achten.“

 

Die Anforderungen variieren dabei in Hinblick auf die oben dargestellten Gruppenphasen. Um der Gruppe in der Orientierungsphase eine Richtung vorzugeben und Unsicherheiten abzubauen, kommt der Gruppenleitung – aufgrund der in dieser Phase vorherrschenden Unsicherheit und Orientierungslosigkeit – eine besonders wichtige Rolle zu. Dabei fungiert die Gruppenleitung als Vorbild. Entsprechend steht das Tun und Verhalten der Gruppenleitung im Vordergrund (vgl. Klein 2002, S. 29). Klein (ebd.) formuliert: „Vieles, was er tut, wird von den Teilnehmern registriert und unbewußt geordnet und bewertet: Was ist erlaubt, was ist verboten, was wird bestraft, wie darf ich sein? Usw.“ Wellhöfer (2012, S.24) fügt an, dass neben einer lockeren Vorstellungsrunde auch inhaltliche Ziele und organisatorische Rahmenbedingungen vorgestellt und die Erwartungen der TeilnehmerInnen geklärt werden müssen.

 

In der Rollenklärungsphase sollte die Gruppenleitung den TeilnehmerInnen genügend Raum geben, ihre Fähigkeiten und Stärken zu zeigen. Einerseits gibt das Bewusstsein über die eigenen Fähigkeiten und Stärken Sicherheit, andererseits trägt es zur Platzfindung innerhalb der Gruppe bei. Zwar sollte die eigentliche Gruppenarbeit nicht aus den Augen gelassen werden und nicht allzu sehr unter den Machtkämpfen leiden, doch sollte sich die Gruppenleitung weitesgehend aus den hierbei aufkommenden Rivalitäten und Machtkämpfe heraushalten. Eine zu starke Unterbindung und Einmischung würde die eigene Position gefährden (vgl. Wellhöfer 2012, S.24f.). Insbesondere die Gruppenmitglieder, die sich eher zurückhaltend verhalten, sollten (z.B. durch Kleingruppenarbeit) darin unterstützt werden, wahrgenommen zu werden, um in Erscheinung treten zu können (vgl. Klein 2002, S.36). Wellhöfer (2012, S.25) weist darauf hin, dass die Gruppenleitung in dieser Phase „zum Blitzableiter für Gefühle und zum Sündenbock“ werden kann, da die Kämpfe um einen Platz in der Gruppe vielfach emotionsgeladen sind. Wesentlich ist das die Gruppenleitung souverän bleibt, den einzelnen TeilnehmerInnen mit Verständnis begegnet und zwischen ihnen vermittelt (vgl. ebd., S.24f.). Das Verhalten, also wie die Gruppenleitung auf die einzelnen Mitglieder eingeht, kann als „befreiend oder einengend erlebt und bei positiver Beurteilung übernommen und weitergeführt“ werden (Klein 2002, S.37). Da das Leitungsverhalten somit Maßstäbe setzt und zudem als Modell dient, ist es ein wesentliches Steuerungselement im Gruppenprozess, mit dem verantwortungsvoll umgegangen werden sollte (vgl. ebd.).

 

Wie dargestellt, stehen in der Bindungsphase die zwischenmenschlichen Beziehungen im Vordergrund. Damit es in der Gruppe nicht nur um das reine Miteinander im Kollektiv geht, ist es Aufgabe der Leitung, die inhaltliche Gruppenarbeit zu thematisieren und in den Vordergrund zu stellen und mit der Gruppe an der gemeinsamen Aufgabe arbeiten. Dabei ist es wichtig, die Stärken und Schwächen einzelner TeilnehmerInnen zu erkennen und ihnen die Möglichkeit zu geben, diese einzubringen. Damit sich nicht nur einzelne Gruppenmitglieder an der Gruppenarbeit beteiligen, sollten Aufgaben delegiert und Verantwortung übertragen werden. AnleiterInnen sollten die bestehenden Gruppennormen weitesgehend akzeptieren und nur zur Diskussion stellen, wenn sich diese zu einem Problem entwickeln. Die Gruppenleitung sollte diesbezüglich die Gruppenprozesse und das Verhalten einzelner beobachten und transparent machen. Deuten sich Konflikte an, sollten diese gemeinsam mit der Gruppe besprochen und gelöst werden (vgl. Wellhöfer 2012, S.25; Klein, 2002, S.40).

 

Die Differenzierungsphase gilt als die Produktivste. In dieser Phase steht die selbstständige Arbeit der Gruppe im Vordergrund. Dies sollte gefördert werden. Entsprechend sollte sich die Leitung zurücknehmen, die Gruppenprozesse beobachten und nur moderierend und helfend eingreifen, um die Gruppenarbeit zielführend zu beeinflussen (vgl. Wellhöfer 2012, S.26). Dementsprechend kommt der Leitungsrolle nach Klein (2002, S.42) die Aufgabe „des Unterstützers und Anregers“ zu. Dies beinhaltet, an die Aufgaben und Ziele zu erinnern oder bei Konflikten zu vermitteln. In dieser Phase wird jede/r individuell wahrgenommen und akzeptiert. Zugleich ist jede/r Einzelne in dem Sozialgefüge der Gruppe integriert und bringt sich entsprechend ihrer/seiner Fähigkeiten selbständig ein. Ziel ist es nach Klein (ebd.), diese Phase zu erreichen und beizubehalten.

 

In der Trennungsphase besteht die Aufgabe der Gruppenleitung darin, die Gruppenmitglieder beim Abschiednehmen zu unterstützen, indem beispielsweise die Gruppenarbeit reflektiert wird über gemeinsame Erlebnisse gesprochen wird (vgl. Klein 2002, S.44f.). Neben der gemeinsamen Auswertung der Gruppenarbeit gilt es Transferhilfe zu leisten. Entscheidend sind dabei die Fragen, was die einzelnen TeilnehmerInnen aus der Gruppenarbeit mitnehmen können und wie bzw. wie weit sie das Gelernte zukünftig in ihrem Leben bereichern kann (vgl. Wellhöfer 2012, S.27).

 

Die Leitungsrolle wird je nach Persönlichkeit unterschiedlich ausgefüllt. Wie sich die Gruppenleitung zu den TeilnehmerInnen verhält und welchen Führungsstil sie entwickelt, wird nicht nur durch die jeweilige Persönlichkeit sondern im Wesentlichen auch durch die „innere Haltung Personen und Dingen gegenüber“ bestimmt (Klein 2002, S.119f.). Klein (ebd., S.120f.) weist darauf hin, dass die Autonomie und Persönlichkeitsentfaltung der Gruppenmitglieder im zwischenmenschlichen Miteinander und Lernprozess (grundlegende Ziele der Gruppenarbeit) nur erreicht werden können, wenn die TeilnehmerInnen ernst genommen werden. Auch muss ihnen Verständnis und Ehrlichkeit entgegengebracht werden, sodass sich eine vertrauensvolle Atmosphäre entwickeln kann, in der Wachstum und Entfaltung möglich sind. In diesem Zusammenhang führt Klein (ebd., S.121) Carl Rogers an, der Akzeptanz, Empathie und Kongruenz als die Grundhaltungen der Gruppenleitung benennt. Mit Akzeptanz ist gemeint, dem Gegenüber eine unbedingte Wertschätzung entgegenzubringen. Das heißt nicht, mit allem einverstanden zu sein, was jemand denkt oder tut, sondern sich dem anderen gegenüber respektvoll zu verhalten. Wesentlich ist, den Menschen als eigenständiges Individuum zu begreifen, das zwar Fehler hat, aber dennoch so zu akzeptieren ist, wie sie oder er ist. Ein Mensch, dem unbedingte Wertschätzung entgegengebracht wird, kann lernen, sich selbst zu vertrauen und aufgrund des wachsenden Zutrauens freier und eigenständiger Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Neben wachsender Autonomie wird anderen mit größerer Akzeptanz begegnet werden (vgl. Klein 2002, S.121ff.). GruppenleiterInnen verhalten sich empathisch den Gruppenmitgliedern gegenüber, wenn sie ihnen mit Interesse begegnen und versuchen das Erleben und Denken der TeilnehmerInnen zu verstehen und nachzuvollziehen. Dabei gilt es zu verstehen, dass das Fühlen, Erleben und Denken eines jeden Menschen seine Berechtigung hat, da es auf den individuellen Schlussfolgerungen über das real Erlebte basiert. Auch wenn sich diese Erlebnisinhalte nicht direkt erschließen lassen, so sind sie für die oder den Betreffende(n) doch real. Nimmt die Gruppenleitung die Gedanken und Gefühle der TeilnehmerInnen ernst und versucht sie, diese ohne sie zu bagatellisieren zu verstehen, fühlen sich die Gruppenmitglieder nicht nur akzeptiert und ernst genommen, sondern trauen sich auch zu diesen zu stehen und sie zu äußern. Die Möglichkeit, sich nicht für seine Wünsche, Gefühle und Gedanken zu schämen, sondern sich selbst mit den eigenen Erlebnisinhalten ernst nehmen zu können, statt sie zu verleugnen, erleichtert es den TeinehmerInnen, unpassend Erscheinendes zu verändern. Zudem bewirkt die Unterdrückung von Wünschen, Gefühlen und Gedanken vor allem, dass es immer schwerer wird, sich von ihnen zu lösen (vgl. Klein 2002, S.123ff.). Stimmen Verhalten und Aussagen mit dem inneren Erleben und Empfinden überein, verhält sich eine Person kongruent. Denn dann erscheint sie nicht nur so, wie sie sich darstellt, sondern ist so, wie sie sich gibt und somit echt. Echtheit allein bewirkt keine Vertrauensvolle Atmosphäre, die Autonomie und Persönlichkeitswachstum fördert. Kongruenz vermittelt den TeilnehmerInnen sich sicher fühlen zu können und baut Vertrauen auf, da sie weder das Verhalten noch die Äußerungen der anleitenden Person hinterfragen müssen. Um echt sein zu können, sollte man sich über die eigenen Gefühle, Gedanken und Wünsche im Klaren sein. Wesentlich ist das Zusammenspiel von echter Wertschätzung und einfühlendem Verstehen, ohne sich selbst dabei zu verleugnen. Kritik sollte respektvoll und ohne Abwertung geäußert werden, denn Kongruenz ohne die Prinzipien Akzeptanz und Empathie könnte als rücksichtslos und abwertend aufgefasst werden (vgl. Klein 2002, S.127ff.).

 

Lützenkirchen (2011, S.47) betont die Bedeutung der inneren Haltung von AnleiterInnen gegenüber den Gruppenmitgliedern und gegenüber ihren künstlerischen Arbeiten. Auch die persönlichen Eigenschaften und das Verhalten der Gruppenleitung sind wesentlich. Neben der bereits angesprochenen Sicherheit und Geborgenheit, die es zu vermitteln gilt, sollten AnleiterInnen selbst begeistert und motiviert sein. Sie sollten mit Freude an die künstlerische Zusammenarbeit herangehen, um die TeilnehmerInnen bei ihrem individuellen Gestaltungsprozess zu motivieren und zielführend unterstützen zu können. Nicht nur in Bezug auf die Gruppenprozesse sondern auch in Hinblick auf den künstlerischen Gestaltungsprozess ist die Aufmerksamkeit der Gruppenleitung gefragt. Die TeilnehmerInnen bringen unterschiedlichste Fähigkeiten, Kenntnisse und Vorstellungen mit. Entsprechend sollte die Gruppenleitung eigene Vorstellungen zurückstellen und die Endprodukte so akzeptieren, wie sie sind. Weder müssen die entstandenen Werke perfekt sein noch der Gruppenleitung gefallen (vgl. Lützenkirche 2011, S.47). Die Kunstwerke der TeilnehmerInnen sind Ausdruck der eigenen Gefühle und Gedanken über etwas. Folglich besteht vielfach eine emotionale Bindung zu den entstandenen Arbeiten. So ist es von besonderer Wichtigkeit, dass AnleiterInnen mit den künstlerischen Arbeiten der TeilnehmerInnen sensibel umgehen, um weder die Würde noch den Stolz der Kunstschaffenden zu verletzen. Statt die TeilnehmerInnen (ungefragt) zu verbessern, geht es vielmehr darum, die TeilnehmerInnen darin zu unterstützen, im Rahmen ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten Endprodukte zu erstellen, die ihnen selbst gefallen und mit denen sie zufrieden sind. Denn wie bereits dargestellt ist der kreative Prozess und nicht das Endprodukt ausschlaggebend (vgl. Lützenkirche 2011, S.47). In diesem Zusammenhang weist Lützenkirchen (ebd.) darauf hin, dass einige TeilnehmerInnen weniger Wert auf den Arbeitsprozess als auf das Endprodukt legen. Auch hier gilt es, die TeilnehmerInnen – entsprechend ihrer Fähigkeiten – darin zu unterstützen, ein Ergebnis zu erzielen, mit dem sie zufrieden sind.

 

Insbesondere bei Jugendlichen und Erwachsenen bestehen vielfach Hemmungen, sich frei künstlerisch auszudrücken. Diese Ängste und Blockaden sind zumeist auf eigene überhöhte Leistungserwartungen, sowie negative Erfahrungen zurückzuführen. Zu nennen sind hier beispielsweise abwertende Aussprüche und negative Bewertungen im Rahmen des Kunstunterrichts oder auch im näheren sozialen Umfeld, die in Bezug auf die künstlerische Betätigung und die entstandenen Kunstwerke geäußert worden sind. Denn wie unter dargestellt führt dies häufig zu Blockaden und wirkt sich negativ auf das kreative Schaffen aus. Dies führt dazu, dass sich viele Menschen aufgrund ihrer Hemmungen durch frei gestellte Themen und freie Materialwahl überfordert fühlen (vgl. Meis 2012, S.89). Dementsprechend besteht die Aufgabe der AnleiterInnen nicht nur darin, für geeignete Räumlichkeiten und Materialien zu sorgen. Vielmehr besteht die Aufgabe darin, eine anregende, von Freiheit und Offenheit geprägte Atmosphäre – ohne ein, auf das Endprodukt fixiertes, leistungsorientiertes Bewertungssystem – zu schaffen, in der sich jede/r trauen darf, individuell zu experimentieren und sich auszuprobieren. Wesentlich ist vor Allem, die TeilnehmerInnen zu ermutigen und darin zu bestärken, auch risikobereit mit Materialien zu experimentieren, um den eigenen bildnerischen Ausdruck zu finden. Dabei können sie die TeilnehmerInnen, durch andere Sichtweisen, neue Denkansätze und das Aufzeigen von Handlungsalternativen in ihrem kreativen Gestaltungsprozess unterstützen. Beispielsweise können AnleiterInnen bei stagnierenden Prozessen dazu anregen, das Bild mit der linken Hand zu beginnen, um den TeilnehmerInnen die Möglichkeit zu geben, sich von der eigenen Leistungsorientierung zu lösen. Oder sie machen den Vorschlag, das Bild während des Bearbeitungsprozesses zu drehen, um so neue Sichtweisen zu eröffnen und neue Lösungsansätze zu initiieren. Es kann sich jedoch nur um Vorschläge handeln, denn die Entscheidung, ob und wie etwas ausprobiert und umgesetzt wird, liegt bei den Kunstschaffenden (vgl. Meis 2012, S.48; Lützenkirchen 2011, S.49f.). Dementsprechend formuliert Meis (2012, S.40): „Bei künstlerisch-ästhetischen Methoden, die der Hilfe zur Selbsthilfe konsequent verpflichtet sind, wird künstlerisch-ästhetisches Gestalten durch Gewährenlassen, durch Mitmachen und Vormachen angeregt.“ Anleiten heißt: „mit eigenem Wissen und Können assistieren und Selbstständigkeit ermöglichen“ (ebd.).

 

Auch wenn TeilnehmerInnen nicht weiter zu kommen scheinen und der kreative Schaffensprozess zum Stillstand gekommen zu sein scheint, gilt es das Nichtstun der TeilnehmerInnen zunächst auszuhalten (vgl. Lützenkirchen 2011, S.49f.). Denn wie bereits dargestellt, lassen sich kreative Prozesse nicht erzwingen und auch die Phase des Dümpelns (s. 1.2) gehört zum kreativen Schaffensprozess dazu. Meis (2012, S.50) weist darauf hin, dass sich sowohl zu schnelles Eingreifen, als auch ein Scheitern aufgrund fehlender Unterstützungsangebote in der Phase des Dümpelns und der Frustration nachteilig auf den kreativen Gestaltungsprozess und das Selbstwirksamkeitserleben auswirken können. Während unverzügliche Tipps und Unterstützungsangebote, einer eigenständigen kreativen Lösungs- und Ideenfindung entgegenwirken, können fehlende Hilfsangebote zu Unzufriedenheit und Misserfolg führen. Entsprechend sollten AnleiterInnen vorsichtig abwägen, ob jemand Unterstützung braucht und sie annehmen möchte. Auch liegt es im behutsamen Ermessen Anleitender, wie viel Unterstützung für die/den Einzelnen hilfreich sein können (vgl. ebd.).

 

Des Weiteren sollten GruppenleiterInnen die Urteilsfähigkeit der TeilnehmerInnen durch Feedback fördern und Reflexionsprozesse anregen. Dabei sollten sie sich mit Konfrontationen (z.B. vergleichende Gegenüberstellungen, die die Leistung einer Person abwerten) zurückhalten. Insbesondere mit Deutungen sollten sie vorsichtig umgehen (vgl. Lützenkirchen 2011, S.47ff.). Lützenkirchen (ebd., S.48) führt Jäger und Kuckhermann (2004, S.69) an, die betonen: „Durch Deutung auf der Grundlage unreflektierter und laienhafter tiefenpsychologischer Kenntnisse wird möglicherweise eine Konfrontation mit Themen bewirkt, die zu sich unkontrolliert entwickelnden psychischen Belastungen führt.“ Durch die sensible Hinführung zu gemeinsamen, wertschätzenden Bildbetrachtungen, in denen andere TeilnehmerInnen ihr Erleben und ihre persönlichen Deutungen mit einfließen lassen, können jedoch neue Sichtweisen eröffnet und durch den Perspektivwechsel neue Erfahrungen ermöglicht werden. Wie bereits dargestellt, kann erst durch das Reflektieren und Kommunizieren das zumeist vorbewusste, rein ästhetische Erleben auch kognitiv erfasst und somit bewusst werden. Erst dies ermöglicht Erkenntnisse und einen Transfer auf andere Lebensbereiche (vgl. Lützenkirchen 2011, S.48).

 

Um die TeilnehmerInnen nicht mit einer offenen Themenstellung und freier Materialwahl zu überfordern sollten nach Marquard und Krieger (2007, S.54ff. zit. in Lützenkirchen 2011, S.25) nicht nur Arbeitsaufträge (z.B. in Bezug auf Thema oder Materialbearbeitung) vorhanden sein. Insbesondere unerfahrene TeilnehmerInnen sollten sensibel mit den kreativen Prozessen vertraut gemacht werden. Zudem sollte darauf hingewiesen werden, dass der kreative Prozess selbst im Vordergrund steht. Dies gilt vor Allem in Hinblick auf überhöhte Leistungserwartungen der Teilnehmenden, sowie in Zusammenhang mit möglichen Fehlschlägen, um Frustrationserlebnisse abzufedern und einem vorzeitigen Aufgeben entgegenzuwirken. Aufgrund des unterschiedlichen Zeitbedarfs der TeilnehmerInnen, sollte auch auf das Zeitmanagement geachtet werden. Des Weiteren sollte die Möglichkeit zur Präsentation der Endergebnisse gegeben sein (ebd.). Grundsätzlich spricht sich auch Meis (2012, S.28) für eine Präsentation der entstandenen Arbeiten aus, denn die Kunstschaffenden erhalten im Rahmen einer Ausstellung die Möglichkeit Anerkennung und Wertschätzung durch außenstehende Personen zu erfahren. Eine positive Resonanz auf die entstandenen Werke kann sich nicht nur förderlich auf das Selbstwertgefühl und das Selbstbewusstsein auswirken, sondern auch zu weiterem künstlerischen Schaffen animieren und motivieren. Des Weiteren kann eine öffentliche Präsentation auf das bearbeitete Gruppenthema (z.B. Hoffnungen, Ängste und Erinnerungen demenzkranker Menschen oder wie sehen junge Menschen ihre Stadt) aufmerksam machen und die RezipientInnen dafür sensibilisieren. Doch gibt Meis (ebd.) zu bedenken, dass eine Ausstellung die TeilnehmerInnen auch überfordern kann – insbesondere, wenn sehr persönliche und intime Themen in den entstandenen Arbeiten ihren Ausdruck finden. Auch können die entstandenen Arbeiten bei Außenstehenden auf Unverständnis stoßen und abwertend kritisiert werden. Diesbezüglich gilt es abzuwägen, ob eine Ausstellung sinnvoll ist, ob sie öffentlich oder halböffentlich sein soll. Denn die TeilnehmerInnen sollen weder überfordert werden, noch das Gefühl bekommen vorgeführt zu werden oder der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Meis (ebd., S.92) weist darauf hin, dass teilweise eine Ergebnispräsentation partout gewünscht ist (z.B. durch die Institution). Sie betont (ebd.), „das grundlegende Bedürfnis der Klient/innen nach Schutz und Wertschätzung muss bei der Auswahl einer möglichen Präsentation ihrer Arbeiten gewahrt werden.“ Entsprechend empfiehlt Meis (ebd.) - vor allem bei experimentellen, prozesshaften Arbeiten – den Schaffensprozess selbst zu präsentieren, um einer möglichen Verständnislosigkeit und Abwertung von Seiten der BetrachterInnen entgegen zu wirken. Beispielsweise kann dies durch eine fotografische Dokumentationen geschehen oder es wird eingeladen die noch unfertigen Arbeiten in der „Werkstatt“ zu betrachten und den TeilnehmerInnen bei ihrem Schaffensprozess zuzusehen.

 

3 Bildende Kunst und künstlerische Bildung in der Sozialen Arbeit

Nach sozialpsychologischen Erkenntnissen werden Emotionen, Kognitionen und das Verhalten des Menschen sowohl durch personale, als auch situative Einflussfaktoren bestimmt. Entsprechend steht das individuelle Erleben und das zielorientierte oder spontane Handeln eines Menschen im engen Bezug zu seinen Persönlichkeitsmerkmalen, sowie den Bedingungen der sozialen und physikalischen Umwelt (vgl. Hartung 2006, S.17f.). Mit dem Ziel, die Lebensbedingungen der KlientInnen zu verbessern, sie individuell in ihrer Eigenverantwortung und autonomen Handlungsfähigkeit zu stärken, Partizipation und Teilhabe zu fördern, sowie Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit einzufordern, versteht sich die Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession. In Bezug auf einerseits die Lebenswelten und Bedürfnisse der KlientInnen und andererseits die politischen, gesetzlichen und institutionellen Vorgaben und Rahmenbedingungen bewegt sich Soziale Arbeit im Spannungsfeld von „Hilfe und Kontrolle“. Um diesen unauflöslichen Widerspruch abzumildern, gilt es gemeinsam mit den AdressatInnen Lösungs- und Verbesserungsmöglichkeiten zu erörtern und zu entwickeln. Dabei werden entsprechend des Dreifachen Analyse- und Handlungsfokus sowohl personale und situative Einflussfaktoren, als auch die gesamte soziale Infrastruktur in die Handlungs- und Verbesserungsüberlegungen miteinbezogen (vgl. Enggruber 2010, S.17ff.). Die Handlungsprinzipien Sozialer Arbeit folgen den „codes of ethics“. Menschen sind Geschöpfe, die aus einer Einheit von Körper, Seele und Geist bestehen. Demnach sollten Menschen im ganzheitlichen Sinne als Wesen mit physischer, psychischer und kognitiver Ebene wahrgenommen und behandelt werden (Ganzheitlichkeit). Selbsthilfekräfte sollen entdeckt und gefördert werden (Hilfe zur Selbsthilfe). Die Zielpersonen sollen partnerschaftlich am Hilfeprozess beteiligt werden (Partizipation). Dabei soll der Fokus auf den potentiellen Stärken liegen (Ressourcenorientierung). Statt voreingenommen zu urteilen, sollte den AdressatInnen und ihren individuellen Lebensentwürfen Akzeptanz entgegengebracht werden. Grenzen sollten nur gesetzt werden, wenn dies geboten oder förderlich ist. In Hinblick auf das individuelle Erleben und die persönliche Lebenswirklichkeit gilt es, jeden dort abzuholen, wo sie bzw. er steht (Lebensweltorientierung). Wesentlich ist, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, in der sich KlientInnen frei äußern können (Kommunikation). Wesentlich ist, den Zielpersonen zu helfen, sich selbst und die persönliche Lebenslage zu verstehen. Sie darin zu unterstützen, dass sie befähigt werden, sowohl ihr „Recht auf Selbstbestimmung“ als auch ihre „Pflicht zur Selbstverantwortung“ wahrnehmen zu können, um autonom und eigenverantwortlich am Leben in der Gemeinschaft teilnehmen zu können (Integration) (vgl. Lattke 1961, S.319f. zit. in Galuske 2011, S.85). In Hinblick auf Subjektbezug und Empowerment, sind für die Soziale Arbeit die Aspekte der Bildenden Kunst wesentlich, die die Zielpersonen in Bezug auf ihre individuelle Lebenssituation bereichern und die Autonomie fördern können, um somit einen wichtigen Beitrag in (Selbst-) Bildungs- und Sozialisationsprozessen zu leisten. Statt künstlerischem Können und Wissen steht dabei vor allem die sinnliche Wahrnehmung mit ihren emotionalen und kognitiven Erlebnisinhalten und der ganzheitliche Bildungsaspekt im Vordergrund. Denn hierdurch sollen die Zielpersonen, im Sinne des Empowermentgedankens, dazu angeregt werden, ihr Leben selbstbestimmt und aktiv zu gestalten (vgl. Meis 2012, S.39f.). Nach Richter-Reichenbach (2004, S.60) wird davon ausgegangen, dass produktives Handeln nur durch solches gelernt werden kann.

 

Kunst ist schon im 19. Jahrhundert als Methode – im Rahmen der Psychiatrie und Behindertenarbeit – eingesetzt und erforscht worden. Schon der heidelberger Psychiater Prinzhorn (1886-1933) erforschte das gestalterische Potenzial im Rahmen seiner Arbeit mit psychisch Kranken. Nach seinen Erkenntnissen verschiebt sich im bildkünstlerischen Gestaltungsprozess „der Fokus von der Devianz zur Ressource.“ (Lützenkirchen 2011, S.26) Auch die Begründer der 1856 bei Wien gegründeten heilpädagogischen Anstalt Levana setzten in ihrer Behindertenarbeit Kunst als heilpädagogisches Erziehungsmittel ein. Entsprechend bestehen durchaus Bezugspunkte zur Kunsttherapeutischen, wie auch zur Pädagogischen Arbeit. Lützenkirchen (2011, S.36) formuliert entsprechend: „Als methodisches Mittel eingesetzte Kunst hat in der Sozialpädagogik ihren Standort zwischen Kunsttherapie und Kunstpädagogik, ist aber weder das Eine noch das Andere. Sie will nicht durch Kunst heilen, und sie will nicht zur Kunstfähigkeit erziehen. Sie will durch künstlerische Mittel zur Selbstbefähigung verhelfen.“ Während die Ziele im therapeutischen Bereich auf Heilung ausgerichtet und im Pädagogischen Rahmen auf Erziehung zur Kunst ausgerichtet sind, ist nach Forster (2003, S.57 zit. in Lützenkirchen 2011, S.31) das vorrangige Ziel in der Sozialen Arbeit „benachteiligte Menschen zu befähigen ihr Leben besser zu bewältigen, dafür Ressourcen zu erschließen und die dafür notwendigen Qualifikationen zu vermitteln.“ Als Methode eingesetzt stärkt Bildende Kunst – sowohl in präventiver, als auch in rehabilitativer Hinsicht – im Rahmen personaler Möglichkeiten die Handlungs- und Gestaltungspotenziale des Einzelnen und fördert und befähigt somit „zu autonomerem Sein und Handeln.“ (vgl. Richter-Reichenbach 2004b, S.10 zit. in Lützenkirchen 2011, S.31) Dabei können zum Einen Bewältigungsfähigkeiten freigesetzt und Fehlentwicklungen vorgebeugt werden (präventativ). Zum anderen kann „an das vitale Handlungspotential angeknüpft werden und sollen Fähigkeiten mobilisiert werden, die die Entwicklungsbasis konstruktiv in Stand setzen.“ (vgl. Richter-Reichenbach 2004a, S.152ff. zit. in Lützenkirchen 2011, S.32)

 

Bildkünstlerische Gestaltungs- und Wahrnehmungsprozesse, die einem (sozial-) pädagogischen Ziel dienen, fallen nach Hoffmann (et al. 2004, S. 59 zit. in Lützenkirchen 2011, S.21) unter dem Begriff Gestaltungspädagogik. Pädagogische, wie sozialarbeiterische Angebote und Projekte der Bildenden Kunst werden gemeinsam mit entsprechenden Angeboten aus Darstellender Kunst, Literatur, Musik und Neuen Medien unter „den Oberbegriff der sozialen Kulturarbeit“ zusammengefasst (vgl. Lützenkirchen 2011, S.22). Ziel kultureller Bildungsangebote ist „Persönlichkeitsentwicklung, Empowerment und die Entwicklung von Kompetenzen und Kreativität fördern helfen. Außerdem soll sie die Zielgruppen zur Kooperation, Verantwortungsübernahme und zu gesellschaftlicher und kultureller Teilhabe befähigen.“ (Meis 2012, S.18) Kulturelle Bildung basiert auf humanistischen Werten und soll dazu beitragen, autonomes Denken und Handeln zu fördern und Menschen darin befähigen und unterstützen für sich selbst, aber auch sozial und politisch Verantwortung zu übernehmen (vgl. Meis 2012, S.52f.). Dementsprechend verweisen Marquardt und Krieger (2007, S.71ff. zit. in Lützenkirchen 2011, S.22) auf die „politische Relevanz“ kultureller Bildung. Sie sehen die politische Aufgabe kultureller Bildung darin, benachteiligte Gruppen in ihrer kulturellen Selbstbehauptung zu unterstützen (kulturelles Mandat) und zur kritischen Auseinandersetzung mit Kultur zu befähigen (Kulturkritik), um die Bevölkerung kulturell zu emanzipieren (vgl. ebd.). Meis (2012, S.19) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass insbesondere das Klientel der Sozialen Arbeit zum einen wenig Zugang zu und zum anderen auch wenig Chancen auf Kultur und künstlerische Bildung haben. Sie formuliert: „Wer wenig Chancen auf ästhetische Bildung hat, kann sie oft auch weniger genießen. Das wiederum wird auch durch das ästhetische Verhalten ausgedrückt, welches zu Hierarchien, zu Abwertungen und sozialer Deklassierung führen kann“ (ebd.). Kultur bezieht sich nicht nur auf Kunst, sowie wissenschaftliche und technische Errungenschaften, sondern auch auf geistige Inhalte, die das Zusammenleben innerhalb einer Gemeinschaft prägen und schließt somit auch gesellschaftliche, moralische und religiöse Werte und Normen mit ein. Dementsprechend definiert Ermert (2009 zit. in Keuchel 2013, S.11) Kulturelle Bildung als einen „Lern- und Auseinandersetzungsprozess des Menschen mit sich, seiner Umwelt und der Gesellschaft im Medium der Künste und ihrer Hervorbringungen.“ Die reflektierte Beschäftigung mit und das bewusste Schaffen von Kunst befähigt nach Ermert (ebd.) „zur erfolgreichen Teilhabe an kulturbezogener Kommunikation mit positiven Folgen für die gesellschaftliche Teilhabe insgesamt.“

 

Unterschieden wird zwischen formalen, nicht-formalen und informellen Angeboten. Während die formalen Angebote im schulischen lehrenden Zusammenhang stattfinden, mit dem Ziel Abschlüsse oder Qualifikationen zu erreichen, wird im nicht-formalen Bildungsbereich (z.B. Jugendkunstschule oder VHS) kein anerkannter Abschluss angestrebt. Neben diesen organisierten Angebotsstrukturen findet künstlerische Bildung auch unabhängig von Organisation und ganz spontan statt, also im informellen Bereich, wie beispielsweise im familiären Rahmen. Jede dieser Lernformen hat dabei ihre eigenen Qualitäten. Entsprechend sollte in Bezug auf die Ergebnisse der PISA-Studie und dem damit verbundenem Bestreben, durch Bildungsangebote die internationale Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen, die Qualität der nicht auf Leistung abzielenden Bildungsangebote nicht unterschätzt werden. Denn Bildung wird hier im Sinne der Ganzheitlichen Bildung als Selbstbildung und Persönlichkeitsentwicklung verstanden (vgl. Meis 2012, S.52f.). Garlichs (2004, S.12) postuliert in Bezug auf die PISA-Studie, „dass die Entfaltung der kindlichen Ausdruckskräfte eine Basisqualifikation für das Lernen insgesamt darstellt.“ Sie fügt hinzu (ebd., S.17), dass nicht nur die diskursive Erkenntnis- und Ausdrucksfähigkeit – bei der über rational, aufeinander aufbauendes Denken zu logischen Schlussfolgerungen gelangt werden kann – geschult werden soll, sondern auch die Bildsprache und somit die sinnliche, intuitive Erkenntnis- und Ausdrucksfähigkeit. Denn: „Was für ein Verständnis von Lernen und Leistung ist das, das messbare Lernergebnisse in den Vordergrund stellt und das kreative Potential von Schülerinnen und Schülern in seiner Bedeutung für Bildungsprozesse gering achtet?!“ (ebd., S. 12f.) Selbst- und Persönlichkeitsbildung beinhaltet, die Welt auf individuelle Weise wahrzunehmen und dabei persönliche, auch unangepasste Ansichten und Ausdrucksformen, die jenseits von „gängigen Konventionen und Klischees“ sein dürfen, zu entwickeln. Zwar werden dabei Fehler und Umwege in Kauf genommen werden, doch haben Kinder (und Erwachsene) ein Recht darauf, durch Experimentieren neugierig die Welt zu erforschen, dabei Fehler zu machen und daraus zu lernen und somit ihr individuelles kreatives Potenzial zur Entfaltung zu bringen (vgl. ebd.). Richter-Reichenbach (2004, S.60ff.) weist in diesem Zusammenhang kritisch auf die psychischen Gefahren für das Individuum, als auch auf die Gefahren für die Gesellschaft hin, die eine rein auf Leistung abzielende Erziehung mit sich bringt. Denn eine solche Erziehung zu Gunsten wirtschaftlicher Verwertbarkeit und Interessen geht auf Kosten der psychischen und sozialen Entwicklung des Individuums und führt zu einem gestörten gesellschaftlichen Klima. In diesem Zusammenhang verweist Richter-Reichenbach (ebd.) auch kritisch auf die Konsumorientierung unserer Gesellschaft, die sich sowohl bei Kindern, als auch Erwachsenen nicht nur in Bezug auf Statussymbole, sondern auch in den Freizeitaktivitäten widerspiegelt. Sie formuliert (2004, S.64): „Jugendliche flüchten ebenso, wie die Erwachsenen in ihrer Freizeit in Vergnügen und Konsum, wobei der Medienkonsum und der imagesteigernde Kauf von Lifestyle-Artikeln eine große Rolle spielen. Eine bislang unbekannte Eigenständigkeit in Fragen der Freizeitgestaltung und des Konsums ist den Heranwachsenden heute nicht zu bestreiten. Es bringt Heranwachsenden aber keinen Zugewinn an autonomen, realitäts- und zukunftsbezogenen Handlungsfähigkeiten.“ Insbesondere dadurch, dass Natur und Umwelt als sinnliches Erfahrungsfeld in der Freizeitgestaltung vielfach kaum noch eine Rolle spielen – sie gelten im Gegensatz zur reizvollen Medienrealität als reizarm und langweilig – kann sich „das sinnliche Wahrnehmungsvermögen nur eingeschränkt entwickeln, mit allen Folgen für ganzheitliches Erleben und Erfahren.“ (ebd. S.64f.)

 

Entgegen des zielgerichteten, evaluierbaren Verständnisses einer Kunsterziehung, wie es von Otto (1987 zit. in Meis 2012, S.22) proklamiert wird und welches darauf abzielt, Kunst durch didaktisch-methodisch begründetes Vorgehen wissenschaftlich zu legitimieren, setzt die künstlerische Bildung, wie sie unter anderem von Selle (1990, zit. in Meis 2012, S.22) und den oben dargestellten Positionen verstanden und vertreten wird, vor allem auf Subjektbezug und Selbstbildung. Begreift man Bildung als Selbstbildungsprozess und Persönlichkeitsentwicklung, so ist nicht nur das Vermitteln und Lernen von kognitiven, ökonomisch verwertbarem Wissen von Bedeutung. Denn der Mensch ist im ganzheitlichen Sinne nicht nur ein denkendes sondern auch ein sinnliches Wesen, das die Welt ganz individuell begreift bzw. erlebt und zudem in einer ganz individuellen Lebenssituation steckt. Entsprechend gilt unter anderem die Förderung der Wahrnehmungs-Kompetenz in Verbindung mit der inneren Verarbeitung von und der Auseinandersetzung mit ästhetischen Erlebnisinhalten in bildkünstlerischer oder sprachlicher Form als wichtiger Bestandteil der Persönlichkeitsentwicklung (vgl. Meis 2012, S.23). Neben den sozial-kommunikativen Wesensmerkmalen ist für die Soziale Arbeit insbesondere der Experimentiercharakter Bildender Kunst von Bedeutung (vgl. Lützenkirchen 2011, S.14). Lützenkirchen (ebd.) formuliert: „Ein künstlerischer Raum ist ein Experimentierfeld, 'ein Raum in dem etwas gewagt werden darf, abseits von Genormtheit, Kategorisierung und Anpassung. Er wird zu einem Möglichkeitsraum (…).' (a. a. O., S.75) Künstlerisches Schaffen bietet demnach einen Entwicklungsraum für eigene Wirklichkeitskonzepte, und hierin liegt ihre besondere Bedeutung und Wertigkeit für die soziale Arbeit.“ Künstlerische Bildung als offenes Experimentierfeld zu sehen, bedeutet nicht, dass auf Leistung und Qualität keinen Wert gelegt wird. Statt durch den mit Versagensängsten einhergehenden Leistungsdruck, soll vielmehr durch (Welt-) Offenheit, Fehlertoleranz, Respekt, sowie durch personenzentrierte, positive Rückmeldungen bei individuellen Leistungsfortschritten und individueller Fürsorge, positive Lernergebnisse erzielt werden (vgl. Edelstein 2002, zit. in Richter-Reichenbach 2004, S.62). Entsprechend gilt im Gegensatz zum leistungsorientierten, bewertenden und benotenden Kunstunterricht beim künstlerischen Gestalten in der Sozialen Arbeit: „Richtig und gut ist zunächst einfach alles, was entsteht. Besonders gelungen ist, was Freude bereitet, authentisch ist und die Zielperson stärkt.“ (Meis 2012, S.90)

 

Zielorientiertes, geplantes, didaktisch begründetes und strukturiertes Handeln, wie es nach Otto (Meis 2012, S.22) von Kunstlehrenden erwartet wird (um durch gezieltes Anleiten messbare Lernerfolge zu erreichen und zudem das methodisches Vorgehen evaluieren zu können) sollte ebensowenig wie wirtschaftlich motivierte Einführungen von Standards (die auf „größtmögliche Effizienz“, „Planbarkeit und Kontrolle“ abzielen) auf Kosten von Experimentierfreude, Individualität, Spontanität und Flexibilität gehen. Denn vielfach entwickelt sich in der künstlerischen Arbeit mit Menschen eine nicht planbare Eigendynamik, die mit den Bedürfnissen und Fähigkeiten der TeilnehmerInnen sowie den situativen Gegebenheiten zusammenhängt. Hier gilt es ein angemessenes Verhältnis von „kreativ-prozessorientiertem“ und „strategisch-instrumentellen Handeln“ zu wahren (vgl. Lützenkirchen 2011, S.18).

 

3. 1 Bildende Kunst in den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit

In der bildkünstlerischen Arbeit erleben sich Menschen als selbst handelnde, aktiv gestaltende und selbststeuernde Individuen. Durch diese Autonomie- und Selbstwirksamkeitserfahrung steigt nicht nur die Anerkennung sich selbst gegenüber. Sie stellt zudem ein Gegengewicht zu „Ohnmacht, Hilflosigkeit und mangelnder Wertschätzung“ dar (vgl. Lützenkirchen 2012, S.29). Als nicht-formales Bildungsangebot soll Bildende Kunst in der Sozialen Arbeit, entgegen des Leistungsgedankens und der Fixierung auf das Endprodrukt formaler Bildungsangebote, die Freude am eigenen Gestalten wecken und die Persönlichkeitsentwicklung durch Selbstbildung fördern. Zudem erleichtert Bildende Kunst als niederschwelliges Angebot den Zugang zu ansonsten schwer erreichbaren Zielpersonen (vgl. Meis 2012, S.83ff.; Lützenkirchen 2011, S.39). Dementsprechend weist Meis (2012, S.85) darauf hin, dass sich diesbezüglich vor allem das spielerisch, experimentell, forschende Arbeiten anbietet. Beispielsweise können Kugeln mit Farbe angemalt und über den Bildträger gerollt werden, sodass diese farbige Spuren hinterlassen (vgl. Krempien 2004, S.60f.). Oder Gegenstände werden eingefärbt, um sie abzudrucken (vgl. Heigold 2002, S.42). Alternativ können sie beispielsweise auch mit Papier umwickelt werden, sodass das gesamte dreidimensionale Objekt einen Abdruck auf diesem hinterlässt. Da bei der spielerisch, experimentellen Arbeit weder künstlerische Kenntnisse, noch Fähigkeiten vorausgesetzt werden, ist diese Arbeitsweise sehr niederschwellig. Zudem spielt hierbei das Arbeiten mit dem Zufall eine große Rolle. Es geht darum Spielfreude und Neugier zu wecken. Indem der Fokus auf dem spielerischen, forschenden Umgang mit Materialien liegt und weder besondere Leistungen noch ein künstlerisch wertvolles Endprodukt erwartet werden, bestehen weniger Blockaden und Hemmungen, sodass auch schüchterne und verschlossene Menschen erreicht werden können (vgl. Meis 2012, S.85f.). Auch weist Kaster (2009, S.27) darauf hin, dass beispielsweise durch das Verbinden der Augen der „innere Kritiker“ ausgeschaltet werden kann. Über die experimentell entstandenen Produkte kann man beispielsweise mit Fragen wie: Was siehst Du? Erkennst Du etwas in dem entstandenen? Woran erinnert Dich das? Was gefällt Dir daran? ins Gespräch kommen (vgl. ebd., S.30f.). Auf Grundlage dieser oder ähnlicher Fragen können abstrakte oder gegenständliche Bildinhalte und Symbolsprachen entwickelt werden. Dabei können Themen zur weiteren Bearbeitung gefunden oder gestellt werden. Beispielsweise können in Form von Collagen oder durch Übermalungen aus den experimentell erstellten Arbeiten Landschaften, Städte, Portraits, Tiere oder Fantasiewesen entstehen. Aber auch abstrakte Themen, wie beispielsweise Hell-Dunkel-Kontrast, Zentral und Dezentral, Fläche und Linie können künstlerisch bearbeitet werden. Anders als beim ergebnisoffenen, experimentellen Schaffensprozess wird das Endprodukt bei abstrakten und gegenständlichen Gestaltungsvorgängen nicht dem Zufall überlassen, sondern aktiv gesteuert. Während des kreativen Gestaltens werden stets Entscheidungen über Kontraste, Kompositionen, Strukturen, Symbole usw. getroffen. Durch die aktive, zielgerichtete Bearbeitungsweise, in der Ideen umgesetzt und Material bewusst eingesetzt werden, können Selbstwirksamkeitserfahrungen gemacht, sowie das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl gestärkt werden. Vielfach werden diese beiden Arbeitsweisen kombiniert und aufeinander aufbauend angewandt (vgl. Meis 2012, S.86f.).

 

Wie dargestellt, hat Bildende Kunst im Rahmen der Gestaltungspädagogik neben pädagogischen Bezugspunkten in Hinblick auf den Bildungsaspekt auch therapeutische Bezugspunkte, die in bestimmten Handlungsfeldern bei der sozialarbeiterischen Intervention (z.B. in der Arbeit mit Suchtkranken, im Krankenhaus oder bei der Arbeit mit Demenzkranken) förderlich sein können. Entsprechend können in Anlehnung an die pädagogische Kunsttherapie beispielsweise auch Ängste, Wünsche und Hoffnungen, sowie Erinnerungen künstlerisch thematisiert werden (vgl. Meis 2012, S.87). Es wird jedoch ausdrücklich betont, dass dies jedoch keine Psychotherapieerlaubnis beinhaltet. Sozialarbeiterisches Beurteilen und Handeln hat nur unter den im SGB festgeschriebenen Rahmenbedingungen und Ausführungsbestimmungen zu erfolgen (vgl. Menzen 2013, S.21). Dementsprechend weisen Meis (2012, S.87) und Lützenkirchen (2011, S.47f.) darauf hin, dass sich SozialarbeiterInnen mit Deutungen und Interpretationen zurückhalten sollen. Die dargestellten Inhalte sind nach Meis (2012, S.87f.) als non-verbale Botschaften zu verstehen, auf deren Grundlage sich zwar Gespräche entwickeln können, aber nicht müssen. Wesentlich ist, den künstlerischen Darstellungen, die vielfach nicht nur emotional aufgeladen sondern auch mehrdeutig und situationsabhängig sind, mit Offenheit und Wertschätzung fragend zu begegnen und dabei die Bedürfnisse des Kunstschaffenden im Blick zu haben. Sie warnt ausdrücklich davor „vermutete oder erwiesene Probleme in der Gestaltung zu evozieren“, denn ein solches Hervorrufen und Auslösen gehört in „definiert therapeutische Settings“ (ebd. S.87). Lützenkirchen (2011, S.121) führt Aaron Antonovsky an, nach dem die salutogenetischen Aspekte bildkünstlerischen Arbeitens sich vor allem auf das Erschließen gesundheitsförderlicher Ressourcen, wie beispielsweise das Vermitteln von Lebensfreude und aktiven Selbstwirksamkeitserfahrungen beziehen, um ein Kohärenzgefühl zu schaffen, durch welches Menschen dazu befähigt werden konstruktiv mit Stressoren umzugehen. Nach Antonovsky bezeichnet das Kohärenzgefühl „eine positive Lebensgrundhaltung, ein stabiles und aktives Selbstkonzept, das auf Vertrauen in die Sinnhaftigkeit des eigenen Lebens und in die eigene Handlungs- und Bewältigungskompetenz beruht“ (ebd.). Wesentlich für die soziale Arbeit ist nicht, Menschen zu heilen, sondern sie in ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten und zu stärken (vgl. Lützenkirchen 2011, S.28).

 

Da in der Sozialen Arbeit bei künstlerischen Gestaltungsprozessen weder Fähigkeiten, noch Begabung vorausgesetzt werden, denn statt künstlerischer Leistung steht Aktivierung und Bereicherung im Vordergrund, können künstlerische Projekte im Grunde in allen Handlungsfeldern angeboten werden (vgl. Meis 2012, S.91). Als Methode wird Bildende Kunst u.a. in der Kinder- und Jugend-, der Senioren- und der Behindertenarbeit, sowie in der Arbeit mit psychisch- oder suchtkranken Menschen, im Rahmen der Rehabilitation, sowie im Rahmen interkulturellen Sozialarbeit eingesetzt. Bildende Kunst wird beispielsweise in Soziokulturelle Zentren, in Gemeinden, Vereinen, Jugendkunstschulen, Seniorenheimen, Krankenhäusern und Strafanstalten angeboten. Dabei unterscheiden sich die Angebote nicht nur hinsichtlich der Organisationen und den institutionellen Rahmenbedingungen, sondern vor allem auch in Hinblick auf die Zielgruppe.

 

3. 2 Allgemeine gesetzliche und politische Rahmenbedingungen

Bildnerisches Gestalten gilt als ein natürliches, menschliches Bedürfnis. Krempien (2004, S.14) formuliert hierzu: „In allen Jahrhunderten haben Menschen sich geschmückt und ihre Erfahrungen und Vorstellungen vom Leben in Zeichnungen wiedergegeben.“ Ein Menschenrecht auf Kunst und künstlerische Bildung besteht jedoch nicht. Das Recht auf kulturelle Bildung lässt sich nur ableiten. Diesbezüglich ist das allgemeinen Menschenrecht auf Bildung (Art.26 AEMR) und das allgemeinen Menschenrecht auf Teilhabe (Art.27 AEMR) zu nennen (vgl. Fuchs 2012, S.94). In Art. 27 AEMR heißt es: Jeder Mensch hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft teilzunehmen, sich der Künste zu erfreuen und am wissenschaftlichem Fortschritt und dessen Wohltaten teilzuhaben (vgl. humanrights.ch 2013).

 

Im Gegensatz zur Sozialstaatlichkeit ist das Selbstverständnis der Kulturstaatlichkeit nicht im Grundgesetz verankert. Doch in Hinblick auf die Geschichte und dem im 18. Jahrhundert von Humboldt vertretenen ganzheitliche, humanistische Bildungsideal, sowie der damit einhergehenden Bildungsreform, verstand sich der Preußische Staat Anfang des 19. Jahrhunderts als Kulturstaat. Entsprechend dieses kulturstaatlichen Selbstverständnisses hieß es auch in Art.142 der Weimarer Reichsverfassung: „Die Kunst die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei. Der Staat gewährt ihnen Schutz und nimmt an ihrer Pflege teil.“ (vgl. Woinikow 2000, S.159f.) In Art. 5 Abs. 3 GG heißt es hingegen nur: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“ (gesetze-im-internet.de). Im Gegensatz zu Art. 142 der Weimarer Reichsverfassung ist im Grundgesetz auf den Zusatz, dass der Staat zum Schutz und zur Pflege von Kunst verpflichtet ist, verzichtet worden, doch ist dies in fast allen Landesverfassungen festgeschrieben (vgl. Woinikow 2000, S.160). Entsprechend heißt es auch in Art. 18 Abs.1 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen, dass Land und Gemeinden Kunst und Kultur zu pflegen und zu fördern haben (vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen 2011, S.1). Demnach ist die Erhaltung und Förderung eines freien Kunst- und Kulturlebens kein festgeschriebenes Grundrecht. Das Kunstfreiheitsrecht ist vor allem als Abwehrrecht gegen Eingriffe der öffentlichen Gewalt zu verstehen und zudem als „eine objektive Werteentscheidung für die Freiheit der Kunst“ (Woinikow 2000, S.160). Das Bundesverfassungsgericht sieht in dieser Werteentscheidung die Kulturstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland begründet und sieht darin die Verpflichtung des Staates schützend und fördernd zu wirken, um „ein freiheitliches Kunst- und Wissenschaftsleben zu erhalten und zu sichern“ (Enquete-Kommission 2005, S.4). Dennoch sieht die Enquete-Kommission (ebd., S.2) in dem Fehlen eines entsprechenden Zusatzes im Grundgesetz eine verfassungsrechtliche Lücke und fordert in ihrem Zwischenbericht, Kultur als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. Das Grundgesetz soll diesbezüglich durch den Satz „Der Staat schützt und fördert die Kultur“ in Art. 20b GG erweitert werden, um die geistig ideellen Dimensionen menschlichen Daseins verfassungsrechtlich zu stützen.

 

Kunst und Kultur gelten in der Bundesrepublik Deutschland als wichtiges öffentliches Gut, das es zu fördern und zu erhalten gilt (vgl. Bockhorst 2012, S.348). Entsprechend heißt es im Abschlussbericht der Enquete-Kommission (2007, S.381): „Der öffentliche Auftrag zum Aufbau und Erhalt einer Infrastruktur der kulturellen Bildung bedarf aktiven staatlichen und kommunalen Handelns. Förderleistungen in diesem Bereich liegen im öffentlichem Interesse.“ Kunst und Kulturelle Bildung soll für alle Bürger – unabhängig von Alter, Schichtzugehörigkeit und Finanzkraft des Einzelnen – erreichbar und erlebbar sein (vgl. Enquete-Kommission 2007, S.378). Der Stärkung von Partizipation und Teilhabe durch Bildende Kunst kommt hier eine besonders wichtige Rolle in Bezug auf lebenslanges Lernen zuteil. Denn als eigenständige und verantwortungsbewusste Bürgerinnen und Bürger sollen die Menschen in der Bundesrepublik Deutschland am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilhaben und Interesse wie auch Aktivität entwickeln sich in dieses einzubringen, um so die Gesellschaft beispielsweise im Rahmen bürgerschaftlichen Engagements aktiv mitzugestalten (vgl. Enquete-Kommission 2007, S.378).

 

Zu den öffentlichen Aufgaben des Bundes zählt sowohl die Ausgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen, als auch die Bereitstellung von Ressourcen. Abgesehen von Aufgaben, die von gesamtstaatlicher und von erheblichen Bundesinteresse sind (z.B. kulturelle Außenpolitik), nimmt der Bund vorrangig ordnungspolitische Aufgaben wahr. Dabei nimmt der Bund im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz (z.B. Vereinsrecht, Steuerrecht, Künstlersozialversicherungsrecht, Kinder- und Jugendhilfegesetz) Einfluss und legt somit die Grundlage für die Kulturpolitik und somit auf die Möglichkeiten und Perspektiven Kultureller Bildung und künstlerischer Bildungsangebote (vgl. Bockhorst 2012, S.349). Während Bildungspolitik vorwiegend Ländersache ist, fällt die Kulturpolitik in die gemeinsame Verantwortung von Ländern und Kommunen. Den Kommunen tragen dabei die „finanzielle Hauptlast“ (vgl. Rossmeissl 2012, S.391). Künstlerische Bildung, insbesondere die formale, fällt in den Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich der Länder. Wie sich die nicht-formale Kulturlandschaft der einzelnen Städte ausgestaltet wird gemeinsam mit den Kommunen entschieden. Entsprechend dieses Kulturföderalismus sind in den 16 Bundesländern eigene Strukturen in Bezug auf Träger, Modelle und Programme entstanden, die sich von Stadt zu Stadt unterschiedlich ausgestalten (vgl. Enquete-Kommission 2007, S.379f.; Keuchel 2013, S.9f.). Ebenso, wie formale Orte kultureller Bildung sind auch nicht-formale Angebote kultureller Bildung (z.B. Museen, Jugendkunstschulen, VHS) weitestgehend in kommunaler Trägerschaft oder sie werden zum großen Teil mit kommunalen Mitteln gefördert (vgl. Rossmeissl 2012, S.391).

 

Schneider (2012, S.370) weist darauf hin, dass neben Bund, Ländern und Kommunen auch Kunstschaffende, sowie dass Interesse und Engagement einzelner Bürger gefragt sind, um dieser Aufgabe gerecht werden zu können, denn Kunst und kultureller Fortschritt kann sich nur im gesellschaftlichen und individuellen Auseinandersetzungsprozess entfalten. Folglich geht es bei Angeboten künstlerischer Bildung nicht nur um den individuellen Auseinandersetzungsprozess des Einzelnen mit Kunst und Gesellschaft, sondern vor allem „um eine Allgemeinbildung mit kulturpädagogischen Mitteln, um eine Heranführung an den Umgang mit Kunst und Kultur, um eine Verständnisförderung für künstlerische und kulturelle Phänomene, um eine Vermittlung künstlerischer Techniken“ (ebd.). Im Gegensatz zu diskursiven, leistungsbezogenen Fächern wird der Stellenwert von Kunst in der Bevölkerung weitestgehend als gering erachtet. Die Enquete-Kommission spricht entsprechend von der Randständigkeit künstlerischer Fächer. Hübner (2012, S.368f.) formuliert hierzu: „Da kulturelle Bildung nicht direkt 'verwertbar' ist, hat sie es besonders schwer, sich in der Bildungspolitik durchzusetzen. Auch wenn ihr verbal große Bedeutung beigemessen wird, findet sie keine systematische und flächendeckende Beachtung. Die schulbezogene Bildungspolitik ist nach wie vor auf die vermeintlich wichtigeren Kernfächer fixiert und setzt ihre Ressourcen dementsprechend einseitig ein. Künstlerisch-kultureller Fachunterricht, der immer häufiger von fachfremden Lehrkräften erteilt wird, ist seit Jahren in einer gefährdeten und randständigen Position. Zu leicht werden auf der anderen Seite die außerschulischen Kulturpartner auf (kostengünstige) Betreuungsangebote im Nachmittagsbereich reduziert.“ Wanka (2012, S.388f.) führt zudem eine Bevölkerungs-Befragung des Instituts für Kulturpolitik der Universität Hildesheim für das Kulturhauptstadtjahr Ruhr 2010 an, nach der 50% der Bevölkerung kein Interesse an Kulturangeboten zeigen. „Trotz der Ausweitung des öffentlichen Kulturangebots, trotz erhöhter Kaufkraft, trotz mehr Freizeit, neuer digitaler Möglichkeiten und trotz eines formal höheren Bildungsniveaus nimmt die kulturelle Teilhabe in den letzten Jahrzenten kaum zu.“ (ebd., S.388) Somit werden weite Teile der Bevölkerung nicht erreicht. Da Kulturelle Bildung „wichtig für die Fähigkeit zur Selbstreflexion, Toleranz und Demokratie und ein Ausgleich zur digitalen Welt (ist)“ (ebd., S.389), fordert Wanka, dass Kulturelle Bildung zum einen „als ernsthafte Aufgabe der Kultureinrichtungen definiert und umgesetzt werden (soll)“ (ebd., S.389) und zum anderen, „Kulturelle Bildung als Teil der Allgemeinbildung im Bildungssystem zu installieren“ (ebd., S.389). Wanka (ebd., S.390) formuliert: „Die Kulturelle Bildung benötigt für die kommenden Jahre nicht nur eine zielgerichtete Bildungspolitik, sondern noch mehr eine Allianz aus Politik, Bildung, Wirtschaft und natürlich Kunst und Kultur, um ihren Beitrag für kulturelle Teilhabe und Demokratie auch leisten zu können.“ Bockhorst (2012, S.355) und die Enquete-Kommission (2007, S.377) sehen ein Umsetzungsdefizit trotz bestehender Erkenntnisse.

 

Angebote der Bildenden Kunst fallen als Kulturelle Bildungsangebote in den Bereich Bildung, Kultur und Soziales und werden aus den entsprechenden Töpfen von Bund, Ländern und Kommunen bestritten (vgl. Keuchel 2013, S.7f.). Meis (2012, S.32) merkt in diesem Zusammenhang kritisch an, dass die Mittel für das Ressort Soziales vielfach aus demselben Topf wie die Gelder für das Ressort Kultur bestritten werden, sodass es oftmals bei der Verwendung von Sozial- und Kulturbudgets zu Konkurrenzsituationen kommt. Die Schließung eines Jugendtreffs beispielsweise zu Gunsten der Förderung einer jungen Künstlerelite führt insbesondere bei Vertretern der Sozialen Arbeit zu Unverständnis (ebd.). Wie sich die Finanzierung ausgestaltet, wird im folgenden dargestellt.

 

3. 3 Finanzierung künstlerischer Bildungsangebote

Die Finanzierung künstlerischer Bildungsangebote setzt sich sowohl aus öffentlichen, wie auch privaten Fördermitteln zusammen. Neben den öffentlichen Mitteln, die durch Bund, Länder und Kommunen bereitgestellt werden, wird künstlerische Bildung durch Stiftungen und Unternehmen, sowie kunstinteressierte und engagierte Bürger und Eltern finanziert (vgl. Keuchel 2013, S.8). Nach Bockhorst (2012, S.349) stellen Länder und Kommunen 90% der öffentlichen Mittel bereit. Rossmeissl (2012, S.391) führt eine Studie von Michael Söndermann (2008) an, nach der die öffentlichen Kulturausgaben auf insgesamt 8,3 Milliarden Euro beziffert werden. Davon tragen die Kommunen mit 44% (3,66 Milliarden Euro) die Hauptlast. Bezieht man die Stadtstaaten (Berlin, Bremen und Hamburg) mit ein, kommt man auf 52,7%. Die Länder sind mit 32,6% (2,7 Milliarden Euro) und der Bund mit 14,7% beteiligt. Da kulturelle Bildung eine „freiwillige Leistung“ der Kommunen ist, werden bei Finanzknappheit viele kulturelle Bildungsangebote nicht weiter gefördert oder sogar abgebaut (Enquete-Kommission 2007, S.381). Folglich besteht die Gefahr, dass viele künstlerische Bildungsangebote aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht realisiert werden können oder eingestellt werden müssen.

 

Neben den öffentlichen Geldern stellen auch Stiftungen und die Privatwirtschaft Finanzmittel für künstlerische und kulturelle Bildungsangebote zur Verfügung (vgl. Keuchel 2013, S.8). Beispielsweise werden die von Akki e.V. initiierte kulturpädagogischen Projekte für Kinder von zahlreichen Unternehmen (u.a. Expo Mietmöbel, Stadtwerke Düsseldorf) gefördert (vgl. Akki e.V., 2013). Zudem werden Angebote künstlerischer und kultureller Bildung zu großen Teilen über Eintrittsgelder und Teilnehmergebühren getragen. Zu nennen sind hier beispielsweise VHS-Gebühren, Teilnehmergebühren für die Jugendkunstschule oder die Kursgebühr in einem Soziokulturellen Zentrum (vgl. Keuchel 2013, S.16). In Zusammenhang mit den Kosten künstlerischer und kultureller Bildungsangebote, die durch Privathaushalte getragen werden, weist Keuchel (ebd., S.16f.) darauf hin, dass die jährlichen Ausgaben, die Eltern für die künstlerische und kulturellen Bildung ihrer Kinder ausgeben, auf 1,6 Milliarden Euro geschätzt werden. Die öffentlichen geschätzten Gesamtausgaben liegen hingegen bei 7,8 Milliarden Euro. Damit tragen Eltern 21% der Gesamtausgaben für künstlerische und kulturelle Bildung. Entsprechend ist der Zugang zu künstlerischer und kultureller Bildung sehr stark von Bildungsstand, Finanzkraft und Engagement des Elternhauses abhängig. Um einer Mittelschichtprivilegierung entgegenzuwirken und Chancengleichheit zu schaffen, bedarf es entsprechend der obigen Darstellung einen beträchtlichen Einsatz finanzieller Mittel, um nicht-formale künstlerische Bildungsangebote im Rahmen der offenen Ganztagsschule für Eltern kostenfrei zu gestalten (ebd.) Auch im Bereich der künstlerischen und kulturellen Erwachsenenbildung sind Eintrittsgelder und Teilnehmergebühren eine wesentliche Größe. Aufgrund der leeren öffentlichen Kassen und der damit verbundenen rückläufigen öffentlichen Förderung sind, nach Angaben der Enquete-Kommission (2007, S.402), die Teilnehmergebühren in den letzten zehn Jahren bis zu 80% gestiegen. Entsprechend sind beispielsweise die VHS-Angebote im Jahr 2001 mit fast 40% über Teilnehmergebühren finanziert worden. Diesbezüglich kritisiert die Enquete-Kommission (ebd.) die rückläufige Tendenz der ermäßigten Gebühren für finanziell schwächer gestellte Bevölkerungsgruppen. Auch bestehen drastische Unterschiede innerhalb der Länder in Bezug auf die Bereitstellung öffentlicher finanzieller Mittel. Beispielsweise lagen 2001 die öffentlichen Zuschüsse je Einwohner in Brandenburg bei 2,35 Euro, in Bremen hingegen bei 8,32 Euro (ebd.).

 

B Fazit

Bildende Kunst ist vielfältig. Aufgrund ihres offenen, experimentierfreudigen, die Welt und sich selbst in Frage stellenden Charakters ist eine eindeutige Definition von Bildender Kunst schwierig. Es lässt sich feststellen, dass Bildende Kunst stets Teil des epochalen Zeitgeschehens ist. Nach Kant ist Kunst ein durch das Genie geschaffenes Artefakt, das zum reinen Selbstzweck besteht und nur durch das subjektive Geschmacksurteil als solches erkannt werden kann. Schiller betont das politik- und gesellschaftsverändernde Wirkungspotential von Kunst. Erst durch das Zusammenspiel von Kognitionen und Emotionen im ästhetischen Erleben wird der Mensch zum vollständigen, harmonischen und ästhetischen Wesen, wodurch ein von Freiheit und Verantwortungsbewusstsein geprägtes Zusammenleben möglich wäre. Dagegen ist für Danto der zur Kommunikation und reflektierenden Auseinandersetzung einladende Aspekt von Kunst ausschlaggebend. Beuys weitet den Kunstbegriff auf die gesamte Wirklichkeit aus. Da nach diesem Verständnis alles Kunst werden kann, was an der ästhetischen Gestaltung der Gesellschaft mitwirkt, kann jeder mit seinen Fähigkeiten zum Kunstschaffenden an der Sozialen Plastik werden. Bildende Kunst ist zu verstehen als ein aktiver, kreativer Auseinandersetzungsprozess mit sich selbst und der Umwelt. Dabei ist sie nicht nur individueller Ausdruck mit künstlerischen Mitteln über die eigenen Gedanken und Gefühle zur subjektiv empfundene Wirklichkeit, sondern findet vor allem im kommunikativen, reflektierenden Austausch mit sich und der sozialen Umwelt statt. Bildende Kunst kann unter anderem schön, hässlich, traurig, wütend, lustig oder fragend sein. Die Bedeutungsinhalte müssen nicht eindeutig sein. Vom Künstler geschaffen sind sie ein persönliches Statement, welches vom Betrachter zwar in seinem jeweiligen Zusammenhang wahrgenommen werden kann, doch subjektiv im freien Spiel der Erkenntniskräfte deutbar ist und auch intuitiv entschlüsselt werden kann. Kunst ist von ihrem Wesen her offen für Neues oder Anderes und lässt immer einen Spielraum für persönliche Assoziationen, welche zur Kommunikation einladen. Nicht jeder muss ein künstlerisches Genie sein, doch besitzt jeder Mensch die Fähigkeit, sich mit Mitteln der Bildenden Kunst in Form von Symbolen auszudrücken. Bildende Kunst findet nicht nur im Atelier und im Rahmen des Kunstmarktes statt, sondern hat auch immer eine gesellschaftliche Funktion und soziale Aspekte. Insbesondere bei Schiller und Beuys wird das gesellschaftsverändernde Potential deutlich. Einschränkungen erfährt Kunst (s. Kant) nur durch die vernuftbezogene, reflektierte Verantwortung (sittliche Vernunft) Kunstschaffender, solange sie keine erheblichen Persönlichkeitsverletzungen begeht bzw. die Menschenwürde verletzt. Diesbezüglich sind Gunter von Hagens Körperwelten und auch die Idee Gregor Schneiders, Freiwillige für seinen Sterberaum zu suchen, um ihren Sterbeprozess live als Kunstwerk darzubieten, mehr als kritisch zu hinterfragen. Irgendwo stößt auch Kunst an ihre Grenzen und sollte nicht in Sensationslust enden.

 

Kunst hängt unmittelbar mit dem sinnlichen und geistigen Erleben zusammen (Spiel der Erkenntniskräfte). Diesbezüglich ist Ästhetik, verstanden als sinnliches Wahrnehmen und Erleben der Welt, ein wesentlicher Bestandteile bildnerischen Schaffens. Ästhetisches Erleben zielt auf eine intensivierte Wahrnehmung der Wirklichkeit ab. Eine Definition dessen, was unsere Aufmerksamkeit erregt, ist irrelevant. Wesentlich ist nur, dass sich aus unbestimmten Gründen unsere Wahrnehmung auf jemanden, auf etwas, auf eine Situation oder ein Phänomen intensiv konzentriert. Ästhetische Erfahrungen drücken sich in einem interessenlosen Wohlgefallen aus und werden zum reinen Selbstzweck. Erst durch das Bewusstwerden der eigenen Gedanken und Gefühle zu dem ästhetischen Erleben können neue Blickwinkel eingenommen werden und neue oder fantasievolle Wirklichkeitskonzepte entstehen. Diese drängen letztlich beispielsweise in Form bildkünstlerichen Gestaltens zum Ausdruck.

 

Bildkünstlerisches Gestalten ist vor allem intrinsisch motiviert. Weder der ökonomische Nutzen noch die Verwertbarkeit sind ausschlaggebend für kreativ-künstlerisches Tun. Entsprechend ist der kreative Gestaltungsprozess selbst von entscheidender Bedeutung. Kreativität ist ein individueller, komplexer Prozess, der sich aus (sinnlicher) Wahrnehmung, Kognition, Emotion, Intuition und der Beschäftigung mit sich und der Umwelt zusammensetzt. Kreativen Ideen geht zumeist eine intensive Beschäftigung mit einem bestimmten Thema, einer Sache oder einer Situation voraus. Die intensive, kreative Auseinandersetzung mit einem Thema kann Glücksgefühle bis hin zum flow-Erleben auslösen. Während des kreativen Prozesses werden verschiedene Phasen durchlebt, die mit verschiedenen Emotionen einhergehen und sich mehr oder weniger förderlich auf das Schaffen auswirken. Bei kreativen Gestaltungsprozessen spielt vielfach Experimentierfreude und Zufall, sowie der flexible Umgang mit Unvorhergesehenem eine Rolle. Entsprechend lässt sich Kreativität weder planen noch erzwingen. Zudem lässt sie sich nicht lernen. Doch kann man die Wahrnehmung schulen, die Aufmerksamkeit fokussieren und künstlerische Ausdrucksformen wie auch -möglichkeiten kennenlernen. Ebenso wie Kunst und ästhetische Erfahrungen werden auch kreative Prozesse individuell verschieden erlebt. Zwar lassen sich ästhetische Erfahrungen und kreative Prozesse beispielsweise durch eine inspirierende Atmosphäre, Wahrnehmungsübungen oder experimentelles Arbeiten einleiten und fördern, doch während der eine Mensch durch eine skurrile Alltagssituationen inspiriert ist, findet ein anderer seine Inspirationsquelle in der Natur. Kreativ arbeitende Menschen brauchen vielfach eine individuell passende Atmosphäre während ihres kreativen Schaffensprozesses. Dies wird anschaulich vor Augen geführt, wenn man die Ateliers Bildender Künstler miteinander vergleicht. Da steht beispielsweise das chaotische Atelier Francis Bacons im krassen Gegensatz zu der aufgeräumten Atmosphäre des Ateliers von Gerhart Richter. Dagegen hat Daniel Richter in seinem Wohnatelier einen „Schwitzraum“ eingerichtet, in dem er Stunden alleine sitzt, nachdenkt und über neuen Ideen brütet. Was zur kreativen Ideenfindung beiträgt (z.B. Einsamkeit oder Geselligkeit, Musik oder Stille) hängt nicht nur von der Persönlichkeit Kunstschaffender ab, sondern auch von der momentan erlebten Stimmung oder Phase im Schaffensprozess.

 

Die aktive, sowie die rezeptive Beschäftigung mit Bildender Kunst kann sich positiv auf Mensch und Gesellschaft auswirken. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen fördert sie nicht nur Lebensfreude, sondern kann sich auch förderlich auf körperliche, kognitive, emotionale und soziale Fähigkeiten auswirken. Zudem beeinflusst Bildende Kunst auch das gesundheitliche Wohlbefinden positiv. Doch sollte in Bezug auf die positiven Nebeneffekte bedacht werden, dass Bildende Kunst nicht zu Legitimationszwecken instrumentalisiert werden sollte. Dies würde dem autonomen Wesen Bildender Kunst nicht gerecht werden. Denn gerade hier liegt ihre Stärke: im Autonomie- und Selbstwirksamkeitserleben.

 

Die Kombination der zwei Methoden bildkünstlerisches Gestalten und soziale Gruppenarbeit ist naheliegend. Gruppenarbeit führt Menschen zusammen. Dies wirkt sich nicht nur positiv auf das Sozialverhalten aus, sondern wird zusätzlich dem kommunikativen Aspekt von Kunst gerecht. Weitere Vorteile liegen darin, dass die TeilnehmerInnen sich zum einen gegenseitig motivieren und inspirieren und zum anderen auch voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen können. Keine Gruppe gleicht der anderen, denn jede Gruppe hat eine ihr eigene Struktur, gruppenspezifischen Rollenverteilungen, Wertevorstellungen und Gruppenregeln. Auch hinsichtlich der Kenntnisse und Fähigkeiten der einzelnen Gruppenmitglieder bestehen Unterschiede. Zudem entwickelt sich jede Gruppe entsprechend ihrer ihr eigenen Gruppendynamik, sodass die verschiedenen Gruppenphasen mal mehr, mal weniger ausgeprägt verlaufen, unterschiedlich lange andauern und sich mehr oder weniger oft wiederholen. Entsprechend der Gruppenstruktur (geschlossen, offen oder teiloffen) und Gruppenzusammensetzung (individuelle Persönlichkeit der Gruppenmitglieder) kann sich in unterschiedlichem Maße eine vertrauensvolle Beziehung zwischen den TeilnehmerInnen entwickeln.

 

In Hinblick auf die Unterschiedlichkeit muss sich die Gruppenleitung auf jede Gruppe neu einstellen. Dabei ist es hilfreich zu wissen, dass die verschiedenen Phasen und Rollenfestlegungen auf die menschlichen Grundbedürfnisse nach Anerkennung und Sicherheit zurückzuführen sind. Das Wissen darum, dass die verschiedenen Phasen und die verschiedenen Rollen wichtig für die Gruppenbildung, wie das Gemeinschaftsgefühl sind und das Wissen, wie leistungsfähig Gruppen in bestimmten Phasen sind, ermöglicht es, bestimmte Dynamiken besser zu verstehen und konstruktiv mit ihnen umzugehen. Um einen für alle Beteiligten konstruktiven Gruppenprozess zu erreichen, ist entscheidend, auf die Erwartungen, Bedürfnisse und Fähigkeiten der Gruppenmitglieder einzugehen und sie aktiv in den Gruppenprozess mit einzubinden. Je mehr Gruppenmitglieder Eigeninitiative entwickeln, um die Gruppe produktiv mit eigenen Ideen und Vorschlägen zu bereichern, desto höherer sind nicht nur die Entwicklungschancen der Gruppe insgesamt, sondern auch die des Einzelnen. Während die Gruppenleitung in der ersten Phase, die von Unsicherheit und Orientierungssuche geprägt ist, vorwiegend Führungsaufgaben wahrnimmt und die Gruppe anleitet, sollte sie sich während des Arbeitsprozesses zunehmend zurückziehen und vorwiegend moderierende und beratende Funktionen erfüllen. Die wesentliche Aufgabe der Gruppenleitung besteht darin, die verschiedenen persönlichen Voraussetzungen Einzelner zu einer zielführenden Zusammenarbeit zusammenzubringen, sodass die einzelnen TeilnehmerInnen von der Gruppe profitieren können. Um nicht mit eigenen Vorstellungen die Autonomie- und Selbstwirksamkeitserfahrungen der TeilnehmerInnen zu untergraben, heißt professionelles Anleiten, selbstreflektiert zu handeln und dabei zwischen den Polen Zurückhaltung und Unterstützung abzuwägen. Neben Sach- und Methodenkompetenz sind vor allem Empathie, Akzeptanz, Kongruenz und Flexibilität entscheidend. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die zwischenmenschlichen Bedürfnisse der Gruppenmitglieder sondern insbesondere in Bezug auf das bildkünstlerische Gestalten. Denn eigenständige kreative Ideen entwickeln sich vor allem in einer wertschätzenden und von Freiheit geprägten Atmosphäre.

 

Bildende Kunst und Soziale Arbeit treffen sich an der Schnittstelle von therapeutischen und pädagogischen Konzepten, denn sie leistet nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Allgemeinbildung und Persönlichkeitsentwicklung, sondern hat auch einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden und somit auch auf die Gesundheit. Für die Soziale Arbeit sind insbesondere die Aspekte bedeutend, die Menschen darin unterstützen, ihr Leben aktiv, selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu gestalten. Bildende Kunst und künstlerische Bildung werden in der Sozialen Arbeit nicht nur entsprechend des humanistischen Menschenbilds und Bildungsideals als wesentlicher Bestandteil der Ganzheitlichen Bildung angesehen, sondern vor allem auch als Selbstbildungsprozess, der Autonomieerleben und Selbstwirksamkeitserfahrung ermöglicht. Diesbezüglich werden Ästhetik und der kreative Schaffensprozess als wichtige Ressource angesehen. Denn die intensive Beschäftigung mit sich selbst und der Wirklichkeit im Rahmen ästhetischen Erlebens, die ihren Ausdruck im bildkünstlerischen Gestalten findet, ist nicht nur identitätsstiftend und trägt nicht nur zur Persönlichkeitsentwicklung bei. Ebenfalls trägt Bildende Kunst aufgrund der kommunikativen und geselligen Aspekte und aufgrund ihres Aktivierungspotentials zu Partizipation und Teilhabe bei.

 

Bildende Kunst kann im Grunde in allen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit angeboten werden. Da Bildende Kunst sich förderlich auf die Selbst- und Fremdwahrnehmung auswirkt, das Selbstwirksamkeitserleben stärkt und zu Wohlbefinden und Lebensfreude beiträgt, hat sie auch gesundheitsförderliche Aspekte, die für die Soziale Arbeit – ohne therapeutisch wirken zu wollen – von Interesse sein können. Wie bereits erwähnt sollten sich AnleiterInnen mit Deutungen zurückhalten und wertschätzend auf die Bedürfnisse der TeilnehmerInnen eingehen. Während Kinder zumeist einfach drauf los malen, ist man insbesondere in der Arbeit mit Jugendlichen und Erwachsenen mit Aussagen konfrontiert wie beispielsweise: „Das kann ich nicht. Ich war in der Schule schon schlecht in Kunst.“ Oder mit Fragen wie beispielsweise: „Soll ich das Bild von oben oder unten beginnen, von links nach rechts oder von rechts nach links malen?“ Eines ist diesen Aussagen und Fragen gemein. Sie sind auf Leistungsdenken und Normerfüllung ausgerichtet. Doch Kunst ist frei und lässt sich entsprechend auf diese Weise nicht vermitteln. Zwar lässt sich das Handwerk, also der Umgang mit Materialien und Techniken vermitteln, doch nicht Schöpferkraft oder Einfallsreichtum. Zwar lassen sich Theorien vermitteln, doch nicht das innere Verständnis und Erleben von Kunst. Kunst lässt sich nicht lehren wie Mathematik, denn hier ist Eins plus Eins nicht zwingend Zwei. Zudem führen überhöhte Leistungserwartungen und negativ geprägte Gedanken – sich selbst und der eigenen künstlerischen Leistung gegenüber – zu Blockaden. Folglich ist es wichtig, den Menschen ihre Hemmungen davor zu nehmen, kreativ tätig zu werden. Dementsprechend empfiehlt es sich mit dem spielerisch, experimentellen Arbeiten zu beginnen und darauf aufbauend zur gestaltenden Tätigkeit überzugehen. Es gilt, Mut zu machen, Ängste abzubauen, überhöhte Erwartungshaltung vorsichtig zurückzuschrauben und die TeilnehmerInnen sensibel an die Entwicklung des eigenen individuellen künstlerischen Ausdrucks heranzuführen.

 

Weder besteht ein Menschenrecht auf künstlerische Bildung noch ist die Förderung und der Schutz Bildender Kunst und bildkünstlerischer Angebote als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Doch besteht in der Bundesrepublik Deutschland eine Kunstfreiheitsgarantie, auf deren Grundlage abzuleiten ist, dass der Staat Kunst für ein wichtiges und schützenswertes Gut hält. Zudem ist in vielen Landesverfassungen der Schutz und die Förderung von Kunst festgeschrieben. Dies bietet auch die Basis für die Förderung bildkünstlerischer (Bildungs-) Angebote. Da bildende Kunst und künstlerische Bildung als Querschnittsaufgabe angesehen werden, da sie die Ressorts Bildung, Kultur und Soziales betreffen, sind zur Förderung und zum Schutz sowohl Bund, als auch Länder und Kommunen in der Verantwortung. Aber auch das Engagement der Bürgerinnen und Bürger ist gefragt, denn Kunst und Kultur funktioniert zum einen nur im gesellschaftlichen Auseinandersetzungsprozess und kann zum anderen nur bei vorhandenem Interesse bestehen. Diesbezüglich ist jedoch festzustellen, dass viele Menschen in Deutschland nicht am kulturellen Leben teilnehmen. Zwar ist das öffentliche Interesse an künstlerischer Bildung in den letzten Jahren gewachsen und künstlerische Angebote sind ausgebaut worden. An dieser Stelle besteht aber weiterhin Verbesserungsbedarf. In Anbetracht dessen, dass Bildende Kunst und Künstlerische Bildung in weiten Teilen der Bevölkerung auf Desinteresse stoßen und auch der allgemeinbildende Aspekt künstlerischer Bildung weiterhin wenig Beachtung erfährt und in Anbetracht der geringen Mittel aufgrund der leeren öffentlichen Kassen gilt es, die Herausforderung aus wenig viel zu machen anzunehmen. Will man alle Bürger – insbesondere die finanzschwachen und bildungsfernen Schichten – am kulturellen Leben teilhaben lassen, darf Kunst und künstlerische Bildung auch außerhalb der schulischen Bildung nicht zum Luxusgut werden. Es bedarf niederschwelliger Angebote, die Neugier wecken, Freude bereiten, wenig kosten und die Menschen auf kommunikative Weise zusammenbringen. Zugleich muss jedoch die Finanzierung Bildender Künstler und derjenigen, die den Menschen Bildende Kunst nahebringen – auch wenn es sich um keine Prestigeprojekte handelt – gewährleistet sein, denn Bildende Kunst weiten Teilen der Bevölkerung zugänglich zu machen fängt im Kleinen an. Niederschwellige Projekte können den Grundstein für wachsendes Interesse legen. Menschen für Kunst zu begeistern ist somit wichtig, denn ohne Kunstschaffende und Kunstinteressierte läge das künstlerische und kulturelle Leben brach und ein entscheidender Teil unserer Kultur und somit unserer Identität würde fehlen.

 

C Schlussbemerkung

Um Bildende Kunst den Menschen nahezubringen, ist es wenig zieldienlich sie an Begrifflichkeiten und Techniken fest zu machen, denn dies würde ihrer Vielschichtigkeit nicht gerecht. Trotz ihrer Autonomie und ihrer Interessenlosigkeit ist Bildende Kunst für die Soziale Arbeit förderlich und somit funktional. Bildende Kunst ist ein Werkzeug, eine Methode der Sozialen Arbeit. Jedoch kann sie nicht jeder, wie es oft bei Werkzeugen ist, brauchen. Sie sind auch nicht für jeden gleich nutzbringend einzusetzen. Beispielsweise ist ein Hammer nicht zieldienlich, wenn jemand ein Stück Holz sägen will. Zudem kann sie nicht jeder verwenden, denn was nutzt beispielsweise ein Schälbohrersatz, wenn man zwar den Begriff, jedoch nicht seine Funktion und Anwendungsmöglichkeiten kennt? Es Bedarf also weniger einer eindeutigen Definition von Kunst als vielmehr qualifiziertes Wissens um Kunst und kompetentes Handeln, um Bildende Kunst professionell als Methode einsetzen zu können.

 

Zwar ist nachvollziehbar, dass Forschung und Wissenschaft Probleme mit der offenen Begriffsbestimmung und Vielseitigkeit Bildender Kunst und entsprechender Bildungsangebote haben, denn hierdurch kommt es zu Schwierigkeiten. Aufgrund einer klaren Einkategorisierung kann nicht gesagt werden, was und wie Bildende Kunst zu sein hat bzw. wie sich entsprechende Angebote auszugestalten haben. Dies erschwert nicht nur eine objektive Vergleichbarkeit, sondern auch eine valide Evaluation. Doch Kunst ist was sie ist und ist nicht was sie nicht ist. Sie ist von ihrem Wesen her frei und lässt sich nicht in Schubladen stecken, einsortieren und zählen wie Socken. Auch ist ihr Nutzen und ihre Qualität nicht vergleichbar wie bei Iphons, denn Kunst an sich ist zweckfrei, individuell und vielfach auch intuitiv. Kunst ist niemals so objektiv und eindeutig, wie die Wissenschaft es gerne hätte, denn dann wäre es keine Kunst mehr. Bildende Kunst bedeutet im Grunde, mit bildnerischen Mitteln zu forschen, dabei über sich selbst und die Welt zu reflektieren und die Ergebnisse zur Diskussion zu stellen. Bildende Kunst ist im Grunde eine Wissenschaft. Nur drückt sie sich in einer bildnerischen, oft metaphorischen Sprache aus, für deren Entschlüsselung Einfühlungsvermögen, Vorstellungskraft und Wissen erforderlich sind. Folglich bedeutet dies nicht nur über die Aktivierungspotentiale Kenntnis zu haben oder Materialkenntnisse zu besitzen usw. sondern auch eine Vorstellung davon zu bekommen, was Bildende Kunst alles sein kann. Nur wenn man offen ist, Bildende Kunst auch intuitiv zu begreifen und sich für sie begeistern kann, wenn man sie loslöst vom Leistungsgedanken und auch ihre intrinsische Motivation anerkennt, kann man eine Vorstellung von Bildender Kunst vermitteln, sowie Neugier und Interesse für Kultur und künstlerische Angebote wecken. Jeder Mensch hat ein kreatives Potenzial in sich und das intuitive Vermögen, sich symbolisch auszudrücken und Kunst zu verstehen. Es bedarf nur Mut, auf das eigene individuelle intuitive Wissen zu vertrauen. Künstlerische Bildung heißt folglich auch, Mut zu machen, indem man die Menschen da abholt, wo sie stehen, und sie nicht mit überzogenen, genialen Kunstvorstellungen zu überfordern. Denn: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.

 

Die Förderung kultureller Angebote liegt im öffentlichen Interesse. Dennoch sind im Hinblick auf die leeren Kassen der Kommunen viele kulturelle Einrichtungen von der Schließung bedroht und viele Ideen und Projekte im Rahmen kultureller Bildung können nicht realisiert werden. Insofern ist politische Präsenz und Einmischung unerlässlich, um die kulturelle Vielfalt zu bewahren. Auch in Hinblick darauf, dass sich Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession versteht und sich entsprechend politisch einsetzt, ist Kunst in der Sozialen Arbeit als kulturpolitische Herausforderung zu verstehen. Auch hier gilt, insbesondere in Bezug auf die fehlenden kommunalen Mittel, aus wenig viel zu machen. Wichtig ist, nicht nur im Fachdiskurs, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit die Bedeutsamkeit künstlerischer Projekte hervorzuheben und sich für den Erhalt und die Förderung entsprechender Projekte einzusetzen.

 

Ich kann nicht die Finanzpolitik ändern. Doch ich kann versuchen aus dem, was zur Verfügung steht, das Bestmögliche herauszuholen. Ich kann nicht erwarten, dass sich alle Menschen für Bildende Kunst begeistern und einen Zugang zu ihr finden. Doch ich kann für die Bedeutung von Bildender Kunst sensibilisieren und versuchen den Menschen um mich her verständlich zu machen, was Bildende Kunst sein kann. Ich erwarte nicht, dass ich Künstler schaffe, denn es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Doch ich kann interessierten Menschen ästhetische Erfahrungen ermöglichen, die in ihnen weiter reifen können. Es ist ein Prozess, den ich einleiten kann. Ein Prozess, in dem ich bei der Arbeit mit Menschen selbst zur Künstlerin werde. Zur Künstlerin an der Sozialen Plastik (Beuys), um somit in kleinen Schritten auf eine ästhetische Gesellschaft (Schiller) hinzuwirken.

 

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